Full text: [2 = Ober-Tertia, [Schülerband]] (2 = Ober-Tertia, [Schülerband])

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Geschwornengericht der Landsknechte verhandelt wurden. Als Zeichen seiner 
Würde führte er einen Stab. Er mußte in dem Recht bewandert sein, und 
das Urteil fanden mit ihm die Gerichtsleute, deren gewöhnlich einer aus 
jedem Fähnlein war. Wurde der Schultheiß durch eine klagende Partei 
aufgefordert, Gericht zu halten, so ließ er die Parteien durch den Gerichts¬ 
weibel vorladen; hatte aber der Regimentsprofoß einen Übeltäter vor die 
Schranken zu stellen, so wurden alle Hauptleute, Fähnriche und Feldweibel 
zum Gericht entboten. Auf einer freien Stätte des Lagers wurden Schranken 
errichtet, in denen die Bänke der Gerichtsleute, der Tisch des Gerichts¬ 
schreibers und der Stuhl des Schultheißen standen. Letzterer eröffnete die 
Verhandlung mit einer Anrede, in der er die Gerichtsleute aufforderte, zu 
schwören, „daß sie Recht sprechen wollten und urteilen dem Armen als bem 
Reichen, dem Reichen als dem Armen, niemand zu Lieb und zu Leid, weder 
aus Neid oder Haß, Gunst, Freundschaft, Gevatterschaft, weder aus Miet 
(Lohn) noch aus Gab (Bestechung), sondern wie sie begehrten von Gott dem 
Allmächtigen am jüngsten Tage gerichtet zu werden". Dann wurde die 
Gerichtsordnung vorgelesen, und nachdem die richterliche Versammlung mit 
aufgehobenen Fingern den verlangten Eid abgelegt hatte und noch manche 
Vorfrage erledigt war, damit Übereilung und Ungerechtigkeit möglichst 
vermieden werde, trat man in die Verhandlung ein. Dem Angeklagten war 
aus dem gleichen Grunde auch ein „Fürsprech" gestellt, und nur wenn die 
Anklage dreimal, an drei verschiedenen Tagen nacheinander, erhärtet war, 
wurde das Urteil gesprochen. Bei Meuterei und Balgerei auf besetzter 
Wache lautete es z. B.: der Beschuldigte solle auf einen freien Platz 
geführt werden und ihm sein Leib mit einem Schwerte entzweigeschlagen 
werden. Darauf brach der Schultheiß den Stab über dem Haupte des 
Verurteilten, empfahl dessen Seele Gott und übergab ihn durch den Profoß 
dem Nachrichter zur sofortigen Urteilsvollstreckung. 
Neben dieser Form des Landsknechtsrechtes gab es noch das sogenannte 
„Recht der langen Spieße", das noch mehr an die altdeutsche Gerichts¬ 
verfassung erinnert, und von dem ein Überrest als „Gassenlaufen" oder 
„Spießrutenlaufen" noch lange in den deutschen Heeren sich erhalten hat. 
Sollte bei einem Regiment das Recht der langen Spieße zur Anwendung 
kommen, so trat der Profoß mit dem Angeschuldigten in den von allen 
Knechten gebildeten Kreis, erhob die Anklage und stellte den Antrag auf 
Bestrafung. Klage und Verantwortung folgten sich auch bei diesem Gerichts¬ 
verfahren dreimal unmittelbar nacheinander. War der Klagbestand erhärtet, 
so taten die Fähnriche ihre Fähnlein zu, steckten sie mit dem Eisen ins 
Erdreich, und einer von ihnen forderte zu einem unparteiischen Urteil auf, 
auf daß das Regiment ehrlich sei und sie ihre Fähnlein wieder könnten 
fliegen lassen. Der Feldweibel bestimmte nun einundvierzig Landsknechte, 
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