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Auf dem „Iltis" hatte, wie der amtliche Bericht bescheiden meldet,
„jedermann seine Schuldigkeit getan". Das deutsche Volk beurteilt den
Heldenmut seiner Matrosen anders und höher. Mit freudigem Stolz blickt
es auf diese rühmliche Waffentat; denn sie ist ihm eine Gewähr, daß der
alte Soldatengeist in unserer Flotte zu Hause ist wie in unserem Heer, und
daß es sich auf beide, in Wahrheit also auf sich selbst, verlassen kann, wenn
eine schwerere Stunde eine größere Prüfung über das deuffche Vaterland
bringen sollte. P„ul Koch.
(Deutsches Flottenlesebuch. Leipzig, Dürr. 1901.)
33. Albrecht Dürer.
Der berühmteste aller alten deutschen Maler, Albrecht Dürer, wurde
am 20. Mai 1471 in der Reichsstadt Nürnberg geboren. Sein Vater
war ein geschickter Goldschmied und stammte aus Ungarn. Sehr jung war
dieser nach Nürnberg gekommen und hatte daselbst als Goldschmiedsgesell im
Hause Hieronymus Hellers, eines trefflichen Goldarbeiters, eine bleibende
Stelle gefunden. Seine Treuherzigkeit, sein Fleiß, seine große Geschicklichkeit
und ein frommes, verständiges Herz gewannen ihm des Meisters Neigung
in so hohem Grade, daß er ihn zu seinem Eidam erwählte und ihm seine schöne
Tochter Barbara zur Gattin gab. Aus dieser glücklichen Ehe entsprossen
18 Kinder, die aber fast alle eines frühzeitigen Todes starben bis auf unsern
Albrecht und zwei seiner Brüder, Andreas und Hans. Der wackere Dürer
verwendete auf die Erziehung seiner Kinder die größte Sorgfalt. Sein
Wahlspruch lautete: „Habet Gott im Herzen und handelt treu an eurem
Nächsten!" Diesen Spruch prägte er den jugendlichen Gemütern seiner
Söhne ein, und Albrecht zumal, der Erstgeborene, vergaß ihn nimmer. Er
hatte ganz des wackern Vaters Geist und herzliche Biederkeit geerbt.
Albrecht wuchs heran und ward ein blühend schöner Jüngling. Schon
als Knabe liebte er mehr eine sinnige, ernste Beschäftigung als die geräusch¬
vollen Spiele der Jugend, und oft saß er, während seine Brüder draußen
im Freien herumtrollten, daheim im stillen Kämmerlein vor dem Arbeits¬
tische und suchte eine mathematische Aufgabe zu lösen oder mit dem Stifte
eine Zeichnung nachzubilden, die sein kunstreicher Vater entworfen und ihm
zum Kopieren vorgelegt hatte. So konnte es denn bei einer seltenen natür¬
lichen Anlage nicht fehlen, daß er in kurzer Zeit bedeutende Fortschritte im
Zeichnen machte; ja er fing sogar an, die Gebilde seiner eigenen Phantasie,
wie sie in seinem schöpferischen Kopfe auftauchten, mit bestimmten und festen
Umrissen auf das Pergament zu bringen.
Albrecht machte aber nicht bloß im Zeichnen daheim, sondern auch in
der Schule sehr schnelle Fortschritte. Alle seine Lehrer liebten ihn, nicht nur