Gudrun.
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36. Von Normandie Herr Ludwig und Hartmut huben an
Beiseit sich zu besprechen. Darauf zu seinem Bann
Sprach der alte König: „Wer noch verbleiben sollte
Bei Wate dem kühnen, wenn er nicht gern ersterben wollte?"
37. Da riet er ihnen listig: „Nun legt euch zu Thal,
Die Häupter auf die Schilde, und hebt großen Schall;
So versehn sich nimmer die von Hegelingen,
Wenn ich's fügen könnte, daß ich euch von hinnen wollte bringen."
38. Da folgten Ludwigs Rate die kühnen Degen all'.
Von Trompeten und Posaunen vernahm man lauten Schall,
Als wären all die Lande ringsum ihnen eigen.
Seine listigen Räte begann da König Ludewig zu zeigen.
39. Wehruf und Jammer vernahm man auch dabei;
Da verbot man den Knappen das weinende Geschrei.
Die das nicht lassen wollten, die werde man ertränken,
Alle, die man hörte, in die tiefen Wellen heißen senken.
40. Mit solchen Listen kamen endlich auf die See
Die vom Normannenlande. Den Frauen war weh,
Die von den Freunden schieden, und durften doch nicht klagen.
Das wußten nicht die Helden, die noch auf dem Wülpenwerder lagen.
41. Eh' der Tag sich hellte, waren sie schon weit,
Mit welchen gern die Dänen noch kämpften neuen Streit.
Laut ließ da Wate sein Heerhorn ergellen;
Er hub sich hin zu ihnen, die er mit tiefen Wunden wollte fällen.
42. Zu Roß und zu Fuße sah man insgesamt
Die guten Degen eilen von Hegelingenland
Nach den grimmen Feinden, Ludwig und seinen Mannen,
Die sie bestehen wollten; da waren alle längst schon von dannen.
43. Als man das Waten sagte, das schuf ihm große Not.
Wie ängstlich er nun klagte König Hettels Tod,
Daß er ihn nicht gerochen und Ludwig hatt' erschlagen!
Manchen Helm sah man zerbrochen; viel schöne Frauen mußten das
beklagen.
44. Ein Jammer war's zu hören, wie im zorn'gen Mut
Ortwein da klagte seine Recken gut.
Er sprach: „Wohlauf, ihr Degen, ob wir sie noch ereilen,
Eh' sie uns ganz entrinnen; sie können noch nicht weit vom Strande
weilen."