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3. Die Mutter spricht: „Morgen
ist’s Feiertag;
Da halten wir alle fröhlich Gelag,
Ich selber, ich rüste mein Feierkleid;
Das Leben, es hat auch Lust nach
Leid,
Dann scheint die Sonne wie Gold !" —
hört ihr’s, wie der Donner grollt?
4. Großmutter spricht: „Morgen
ist’s Feiertag;
Großmutter hat keinen Feiertag,
Sie kochet das Mahl, sie spinnet
das Kleid:
Vas Leben ist Sorg’ und viel Hrbeit.
Wohl dem, der tat, was er sollt'!" —
hört ihr's, wie der Donner grollt?
5. Urahne spricht: „Morgen ist’s
Feiertag;
Hm liebsten morgen ich sterben mag;
Ich kann nicht singen und scherzen
mehr,
Ich kann nicht sorgen und schaffen
schwer;
was tu’ ich noch auf der Welt?" —
Seht ihr, wie der Blitz dort fällt?
6. Sie hören’s nicht, sie sehen’s nicht,
Es flammt die 5tube wie lauter
Licht;
Urahne, Großmutter, Mutter und Kind
vom Strahl miteinander getroffen sind,
vier Leben endet ein Schlag —
Und morgen ist’s Feiertag.
Gustav Schwab.
13. Die Auswanderer.
1. Ich kann den Blick nicht von euch
wenden,
Ich muß euch anschaun immerdar:
wie reicht ihr mit geschäft’gen
Händen
Dem Schiffer eure habe dar!
2. Ihr Männer, die ihr von dem
Nacken
Die Körbe langt, mit Brot beschwert,
Das ihr aus deutschem Korn ge¬
backen,
Geröstet habt auf deutschem Herd;
3. Und ihr im Schmuck der langen
Zöpfe,
Ihr Schwarzwaldmädchen braun
und schlank,
wie sorgsam stellt ihr Krüg’ und
Töpfe
Huf der Schaluppe *) grüne Bank!
4. Das sind dieselben Töpf’ und
Krüge,
Oft an der Heimat Born gefüllt;
wenn am Missouri alles schwiege,
Sie malten euch der Heimat Bild:
5. Des Dorfes steingefaßte Ouelle,
Zu der ihr schöpfend euch gebückt,
Des Herdes traute Feuerstelle,
Das Wandgesims, das sie geschmückt.
6. Bald zieren sie im fernen Westen
Des leichten Bretterhauses wand;
Bald reicht sie müden braunen
Gästen,
voll frischen Trunkes, eure Hand.
(Ein großes Boot.