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129. Brief Schillers an den Herzog Friedrich Christian von
Kugustenburg und den Grafen Ernst v. Schimmelmann.
Jena, 19. Dez. (Montag) 1791.
Erlauben Sie, Verehrungswürdigste, daß ich zwei edle Namen in einen
und zwar in denjenigen zusammenfasse, unter welchem Sie sich selbst in Rück¬
sicht meiner vereinigt haben. Der Anlaß, bei welchem ich mir diese Freiheit
5 nehme, ist an sich selbst schon eine so überraschende Ausnahme von allem Ge¬
wöhnlichen, daß ich das reine idealische Verhältnis, worein Sie zu mir ge¬
treten sind, durch jede Rücksicht auf zufällige Unterschiede herabzuwürdigen
fürchten müßte.
Zu einer Zeit, wo die Überreste einer angreifenden Krankheit meine
10 Seele umwölkten und mich mit einer finstern, traurigen Zukunft schreckten,
reichen Sie mir wie zwei schützende Genien die Hand aus den Wolken. Das
großmütige Anerbieten, das Sie mir tun, erfüllt, ja übertrifft meine kühnsten
Wünsche.
Die Art, mit der Sie es tun, befreit mich von der Furcht, mich Ihrer Güte
15 unwert zu zeigen, indem ich diesen Beweis davon annehme. Erröten müßte
ich, wenn ich bei einem solchen Anerbieten an etwas cmbere§ denken könnte,
als an die schöne Humanität, aus der es entspringt, und an die moralische
Absicht, zu der es dienen soll. Rein und edel, wie Sie geben, glaube ich, emp¬
fangen zu können. Ihr Zweck dabei ist, das Gute zu befördern; könnte ich
20 über etwas Beschämung fühlen, so wäre es darüber, daß Sie sich in dem
Werkzeug dazu geirrt hätten. Aber der Beweggrund, aus dem ich mir er¬
laube es anzunehmen, rechtfertigt mich vor mir selbst und läßt mich selbst in
den Fesseln der höchsten Verpflichtung mit völliger Freiheit des Gefühls vor
Ihnen erscheinen. Nicht an Sie, sondern an die Menschheit habe ich meine
25 Schuld abzutragen. Diese ist der gemeinschaftliche Altar, wo Sie Ihr Ge¬
schenk und ich meinen Dank niederlege. Ich weiß, meine Verehrtesten, daß
nur die Überzeugung, von mir verstanden zu sein, Ihre Zufriedenheit voll¬
endet; darum und darum allein erlaubte ich mir, dies zu sagen.
Aber der nahe Anteil, den ein allzu parteiisches Wohlwollen für mich an
30 Ihrer großmütigen Entschließung hat, der Vorzug, den Sie vor so vielen
andern mir erteilen, mich als das Werkzeug Ihrer schönen Absicht zu denken,
die Güte, mit der Sie zu den kleinen Bedürfnissen eines Ihnen so fremden
Weltbürgers herabsteigen, legen mir gegen Sie die persönlichsten Pflichten
auf und mischen in meine Ehrfurcht und Bewunderung die Gefühle der
35 innigsten Liebe. Wie stolz machen Sie mich, daß Sie meiner in einem Bunde
gedenken, den der edelste aller Zwecke heiligt, den der Enthusiasmus fürs
Gute, fürs Große und Schöne geknüpft hat. Aber wie weit ist die Begeiste-