15
Daß sie der Mutter nur nicht das Herz abschwatze des Vaters!
Komm denn und bring' als Gabe den zärtlichsten Kuß zum Geburtstag!"
225 Schalkhaft lächelte drob und sprach die treffliche Gattin:
„Nicht zur Geburtstagsgabe! Was Besseres bring' ich im Koffer
Unserem Vater zur Lust und dem Mütterchen ohne dein Wissen!"
Sprach's und faßte dem Manne die Hand; die führende Mutter
Öffnete leise die Tür und ließ die Kinder hineingehn.
230 Aber die junge Frau, voll Lieb' im lächelnden Antlitz,
Hüpfte voraus und küßte den Greis. Mit verwunderten Augen
Sah er empor und hing in der trautesten Kinder Umarmung.
Balladen und Romanzen.
Sagen.
3. Ver sacrum.
Ludwig Uh land.
1. Als die Latiner aus Lavinium
Nicht mehr dem Sturm der Feinde hielten stand,
Da hoben sie zu ihrem Heiligtum,
Dem Speer des Mavors, flehend Blick und Hand.
2. Da sprach der Priester, der die Lanze trug:
„Euch künd' ich statt des Gottes, der euch grollt:
Nicht wird er senden günst'gen Vogelflug,
Wenn ihr ihm nicht den Weihesrühling zollt!" —
3. „Ihm sei der Frühling heilig!" rief das Heer —
„Und was der Frühling bringt, sei ihm gebracht!"
Da rauschten Fittiche, da klang der Speer,
Da ward geworfen der Etrusker Macht.
4. Und jene zogen heim mit Siegesruf,
Und wo sie jauchzten, ward die Gegend grün;
Feldblumen sproßten unter jedem Huf,
Wo Speere streiften, sah man Bäum' erblühn.
5. Doch vor der Heimat Toren, am Altar,
Da harrten schon zum festlichen Empfang
Die Frauen und der Jungsraun helle Schar,
Bekränzt mit Blüte, welche heut' entsprang.