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II. Deutsche Götter- und Heldensagen.
und Scepter trüge, so wählte ich mir eure Tochter zum Weibe,
die so edel ist und gut und so minniglich zu schauen." „Welcher
Fürst sollte meiner Tochter begehren," erwiderte Rüdeger, „da wir
hier fremd sind im Lande. Was kann der Jungfrau ihre Schönheit
nützen?"
Nicht lange mehr dauerte es, da schlossen sie um Giselher und
die junge Markgräfin einen Kreis, wie es Sitte war, wenn sich zwei
verloben sollten, und erhielten nach kurzem Zögern von der ver¬
schämten Jungfrau ein kaum vernehmbares Ja, und der glückliche
Giselher schloß sie als Braut in seine Arme. Ach, es war ihrer
Liebe nur kurze Freude beschieden! — „Wenn ihr zurückkehrt aus
dem Hunnenlande," sprach Markgraf Rüdeger, „nehmt ihr sie mit
euch an den Rhein."
Am andern Morgen gedachten sie aufzubrecheil, aber Rüdeger
gab es nicht zu. Bis zum vierten Tage inußten sie bleiben, des
Lebens Lust und Freude in heiterer Festlichkeit genießend und um¬
geben mit allem, was ihr Herz nur zu wünschen vermochte. Und
als zu schnell die Stunde des Scheidens kam, wurden sie hoch geehrt
durch prächtige Geschenke. Das köstlichste Geschenk hatte Giselher
bereits empfangen, es war des Markgrafen Tochter. König Günther
erhielt ein wertvolles Streitgewand, Gernot ein mächtiges Schwert.
Doch als Frau Gotelinde auch Hagen eine Gabe zu freundlicher
Erinnerung darbot, blickte er empor nach des Saales Wand und
sprach: „Von allem, was ich je gesehen, möchte ich nichts lieber be¬
sitzen unb tragen am Hofe Etzels als jenen Schild." Das war der
Schild des Helden Rudung, der von Wittichs Händen fiel in der
Ravennaschlacht; er war überzogen mit glänzendem Seidenstoff und
besetzt mit Edelsteinen. Die Markgräfin gedachte mit Thränen seines
ehemaligen Besitzers, erhob sich von ihrem Sitze, nahm ihn von der
Wand und überreichte ihn dem Helden von Tronje. Auch Dankwart
wurde beschenkt mit reichen Gewändern.
Da trat mit edler Haltung und anmutsvoller Gebärde der schnelle
Volker vor die Fürstin. Er entlockte zum Abschied die süßesten Töne
seiner Fiedel und sang dazu seine herrlichsten Lieder zum Danke. Die
Fürstin aber ließ sich eine Lade bringen und nahm daraus zwölf
goldene Spangen, die sie ihm mit den Worten in die Hand drückte:
„Die sollt ihr mir zu Liebe am Hofe Etzels tragen."
„Ich werde euch zu Etzel begleiten mit fünfhundert meiner
Mannen," sagte darauf Rüdeger, und sie machten sich fertig zum