Full text: [Teil 7 = (8. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 7 = (8. Schuljahr), [Schülerband])

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die der Pepp häufig an den Men an seiner Seite richtet und die ihn 
viel beschäftigt, ist, ob der Htti und er selbst auch Lngel würden. 
Der Sepp ist die Frage aus klaren Tagen noch gewöhnt, nickt und 
lacht dazu. 
„Aber sterben muß man zuerst," pflegt der Bub' dann jeweilen 
nachdenklich halb zu sich selbst, halb zu dem Alten zu flüstern; und 
das Sterben macht ihm Bedenken, es will ihm weder als etwas Fröh¬ 
liches noch etwas herbeizuwünschendes erscheinen. 
* 
(Es ist Winter im Dorf; der Winter ist eine harte Zeit fuö 
die Vergbauern! was wissen die Talleute davon? Die Wetterge¬ 
walten springen mit dem Bergvolk anders um als mit den handschuh¬ 
tragenden Talmenschen, im Tal wirst der wind zum schlimmsten 
einen Kamin um, wirbelt der Schnee fein säuberlich um pelzvermummte 
Gestalten und stieben Lawinchen von den Dächern, die keinen Dogel 
begrüben; im Tal trägt das Wetter selbst Handschuhe. Im Gebirg' 
rast der Sturm gleich einem entfesselten Biesen, reißt die hundert¬ 
jährigen Tannen von den Felsen und rüttelt an den ewigen Burgen 
Gottes, den Felswänden. Und der Schnee fällt tage- und tagelang 
und deckt die Hütten ein, als wäre alles Lebendige zu begraben. Die 
Lawinen sind die Raubtiere des Gebirgs; kein Jahr vergeht, daß sie 
nicht Lücken in die dünnen Menschenreihen rissen. 
Dennoch ertragen sie im Gebirg' den harten Winter leicht; denn 
die Menschen sind selbst hart, und ihr Frost muß rauh sein, daß es sie 
friert. Aber der Winter nimmt allen verdienst weg, alle Arbeit muß 
ruhen; das schmale Geld ist bald aufgezehrt, und — der Hunger 
macht mürrisch. 
Die Armen von Stockdorf schneiden trübe Gesichter; denn der Winter 
hat schon, zu lange gedauert, Kasten und Truhen sind leer. In der 
Sigristenhütte ist nie ein recht fröhlicher Friede; jetzt in der rauhen, 
unwirtlichen Zeit ist erst recht Krieg darinnen. Ts essen zu viele 
Mäuler an des Sigristen Schüssel, und wie es bei den Schafen und 
Ziegen, die zur Lecke drängen, geht — die Starken verdrängen die 
Schwachen. Die Schwachen in der Sigristenhütte sind der Sepp und 
der Pepp. Der Josi, der Sigrist, reckt die zähen Arme, hat ein hoch¬ 
rotes Gesicht und flucht: „Da kannst dich abschinden den Sommer über, 
und im Winter nimmt einem das unnütze Volk den Bissen vor dem 
Mund weg." 
„Daß der Alte nicht sterben kann," brummt die Sigristin und 
meint den Sepp. 
„Daß dein halbtoter Bub' noch alleweil lebt," knurrt der Joseph, 
der Großvater, und meint den Pepp. vielleicht sagt er es aus einem
	        
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