Full text: [Abteilung 1 = Unter-Tertia, [Schülerband]] (Abteilung 1 = Unter-Tertia, [Schülerband])

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vom hohen Söller*) herab dem wunderbaren Kampfe zugeschaut hatte, 
und angstvoll rief sie: „Hettel, lieber Vater, dir rinnt das Blut zu 
Boden; o denket mir zuliebe beiderseits auf Frieden; gönnt euern Gliedern 
eine kurze Waffenruhe; inzwischen mag König Herwig uns von seinen 
Ahnen künden.“ Als das der Held von Seeland hörte, ließ er sein 
wuchtiges Schwert sinken; indem er aber zu der schönen Jungfrau empor⸗— 
sah, rief er: „Friede kann zwischen uns nicht sein, es sei denn, daß Ihr 
mich ungewaffnet in die Burg einlasset; soll dieser Friede gelten, so 
mögt Ihr mich fragen, was Ihr immer wollt.“ Freudig sagte Hettel 
zu; der Kampf ward geschieden, und die Helden wuschen sich am Brunnen 
des Hofes unter der alten Linde die entwaffneten Glieder vom Schweiß 
und Staub des heißen Straußes. Dann trat Herwig, von König Hettel 
geleitet, in die Burg, und er ward vor Hilde und Gudrun geführt. 
Mit edler und feiner Sitte verneigte er sich vor den Frauen, dann 
sprach er zu Hilden gewandt: „Man hat mir gesagt, hohe Königin, daß 
du mich um geringerer Ahnen willen verschmäht hast; verlangst du 
bessere Probe, als daß ich deinen Gemahl im Kampfe bestanden habe?“ 
Ihm erwiderte die stolze Hilde: „Wer dich, o König Herwig, verschmähte, 
wäre thöricht gesinnt; du hast dich als echten Helden gezeigt.“ Da 
erbat der Recke sich die Gunst, um Gudrun werben zu dürfen, und 
willig gewährten ihm die Eltern die Bitte. Er trat vor Gudrun und 
sprach: „Willst du mich lieben, schöne Jungfrau, und mir eigen sein, so 
will ich mit allen Sinnen dir dienen, und über mein Land und meine 
Leute sollst du als Königin gebieten.“ Und leise, aber fest erwiderte sie: 
„Ich will es gern gestehen, ich bin dir hold. Du hast so um mich ge— 
worben, daß ich den Haß zwischen dir und meinem Geschlechte ver— 
söhnen will. Nimm mich hin, ich will dir Freude bereiten.“ Da 
verlobten Hettel und Hilde ihr schönes Kind dem starken Helden von 
Seeland. 
Als Siegfried von Moorland von der Verlobung Gudruns hörte, 
fiel er sengend und brennend in Herwigs Land ein, und Hettel, an 
dessen Hofe eben die aus heißem Kampfe entsprungene Verschwägerung 
durch ein glänzendes Fest gefeiert worden war, zog samt seinen Gästen 
dem Eidam zu Hilfe. 
b) Die Schlacht auf dem Wülpensande. 
Während das Land der Hegelingen von Helden entblößt war, 
kamen Hartmut und König Ludwig von Normannenland mit Schiffs— 
macht angefahren, brachen die Friesenburg und führten Gudrun mit 
hundertsechzig Jungfrauen hinweg. Als Hildes Boten Hettel und Herwig 
diese trübe Mär meldeten, schlossen diese auf des alten Wate Rat sogleich 
x) Söller — Vorbau im obern Stockwerke.
	        
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