2—
schwer, daß sie es kaum emporziehen konnten. Zu ihrer Verwunderung
sahen sie, daß ein gewaltiger Baumstamm hineingeraten war. Sie zogen
ihn mit Mühe ans Land und betrachteten ihn genau, da sie sahen, daß
er gut behauen war, und vermuteten, es sei ein Schatzbehälter. König
Nidung, von dem Funde benachrichtigt, kam zum Strande und gebot in
den Stamm zu hauen. Sobald Wieland die Axthiebe merkte, rief er
laut, sie möchten doch innehalten, denn ein Mensch sei darin. Die Leute
dachten nicht anders, als ein böser Geist stecke in dem Stamme, und
liefen alle davon, so schnell sie konnten, außer dem Könige. Wieland
öffnete den Stamm, trat vor Nidung und sprach: „Ein leibhaftiger
Mensch bin ich, Herr, nicht ein Gespenst; gieb mir Frieden für Leib
und Leben und für meine Habe.“ Nidung betrachtete erstaunt den
schönen Fremdling und gewährte ihm seine Bitte. Wieland verbarg
darauf den Stamm mit allen seinen Werkzeugen und seinen Kleinoden
unter der Erde. Nur ein Ritter des Königs, Namens Regin, belauschte
ihn hierbei; aber Wieland bemerkte ihn zuletzt.
Wieland blieb als Knappe an Nidungs Hofe. Einst spülte er die
Messer des Königs in der See, da fiel ihm das beste von allen in die
Tiefe. Da er keine Hoffnung hatte, es wieder zu erlangen, so ging er
zur Schmiede des Amilias, der des Königs Schmied war. Amilias saß
gerade mit seinen Gesellen zu Tische; derweil schmiedete Wieland ein
Messer, dem verlorenen ganz gleich, und entfernte sich ungesehen. Das
Messer legte er dem Könige hin. Dieser schnitt damit ein Brot durch;
aber das Messer fuhr nicht nur durch das Brot, sondern durchschnitt
auch den Tisch, soweit es reichte. Erstaunt über solche Schärfse fragte
der König, wer das Messer gefertigt hätte. Wieland erwiderte: „Amilias,
der alles für Euch schmiedet, wird es gemacht haben.“ Der König aber
glaubte ihm das nicht, und er drohte ihm mit seinem Zorne, wenn er
nicht die Wahrheit sagte. Jetzt gestand Wieland den ganzen Sachverhalt.
„Das ahnte mir, sprach der König, daß Amilias ein solches Messer nicht
gemacht hätte; denn nie sah ich so treffliche Schmiedearbeit als diese.“
Eifersüchtig auf Wieland wegen dieses Lobes forderte Amilias ihn
zum Wettkampfe in der Schmiedekunst heraus; er erbot sich, innerhalb
eines Jahres Helm und Brünne von undurchdringlicher Festigkeit zu
schmieden; Wieland solle ein Schwert schmieden, so gut er es verstehe.
„Gelingt es dir, sagte Amilias, mit deinem Schwerte meinen Helm oder
meine Brünne zu durchschneiden und mich zu verwunden, so sollst du
mir das Haupt abhauen. Zerschneidet dein Schwert meine Rüstung
nicht, so sei fest überzeugt, daß ich alsbald dein Haupt dir abschlage.“
Damit war Wieland einverstanden.
Alsbald machte sich Amilias ans Werk und arbeitete das ganze
Jahr hindurch eifrig an der Rüstung. Wieland dagegen verrichtete nach
wie vor seinen Dienst beim Könige, bis ihn dieser nach sechs Monden