33. Der Schatzgräber. Von «lolfgang von 6oetbe.
Werke. Sophienausgabe. 1. Band. Weimar 1887. 8. 181.
1. Arm am Beutel, krank am Herzen,
Schleppt' ich meine langen Tage.
Armut ist die größte Plage,
Reichtum ist das höchste Gut!
Und zu enden meine Schmerzen,
Ging ich, einen Schatz zu graben.
„Meine Seele sollst du haben!"
Schrieb ich hin mit eignem Blut.
2. Und so zog ich Kreis' um Kreise,
Stellte wunderbare Flammen,
Kraut und Knochenwerk zusammen,
Die Beschwörung war vollbracht.
Und auf die gelernte Weise
Grub ich nach dem alten Schatze
Auf dem angezeigten Platze;
Schwarz und stürmisch war die Nacht.
3. Und ich sah ein Licht von weiten,
Und es kam gleich einem Sterne
Hinten aus der fernsten Ferne,
Eben als es zwölfe schlug.
Und da galt kein Vorbereiten:
Heller ward's mit einem Male
Von dem Glanz der vollen Schale,
Die ein schöner Knabe trug.
4. Holde Augen sah ich blinken
Unter dichtem Blumenkränze;
In des Trankes Himmelsglanze
Trat er in den Kreis herein.
Und er hieß mich freundlich trinken,
Und ich dacht': Es kann der Knabe
Mit der schönen lichten Gabe
Wahrlich nicht der Böse sein.
5. „Trinke Mut des reinen Lebens!
Dann verstehst du die Belehrung,
Kommst mit ängstlicher Beschwörung
Nicht zurück an diesen Ort.
Grabe hier nicht mehr vergebens!
Tages Arbeit, abends Gäste,
Saure Wochen, frohe Feste —
j Sei dein künftig Zauberwort!"
34. Der ^auberlebrlillg« Von Ctlolfgang von Goethe.
Werke. Sophienausgabe. 1. Band. Weimar 1887. 8. 215.
1. „Hat der alte Hexenmeister
Sich doch einmal wegbegeben!
Und nun sollen seine Geister
Auch nach meinem Willen leben!
Seine Wort' und Werke
Merkt' ich und den Brauch,
Und mit Geistesstärke
Tn' ich Wunder auch.
Walle! walle
Manche Strecke,
Daß zum Zwecke
Wasser fließe
Und mit reichem, vollem Schw,
Zn dem Bade sich ergieße!
2. Und nun komm, du alter Besen,
Nimm die schlechten Lumpenhüllen!
! Bist schon lange Knecht gewesen:
Nun erfülle meinen Willen!
Auf zwei Beinen stehe,
Oben sei ein Kopf!
Eile nun und gehe
Mit dem Wassertopf!
Walle! walle
Manche Strecke,
Daß zum Zwecke
Wasser fließe
Und mit reichem, vollem Schwalle
Zu dem Bade sich ergieße!