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29. Untreue schlägt den eigenen Herrn.
nieder, über den Moosteppich zittern schillernde Lichtkugeln. Alles ist seltsam
still, wie verzaubert; aber unten, wo das Waldthor sich öffnet, winken Wiesen
und Dörfer, ein Flüßchen leuchtet auf, und befreundet grüßt melodisches Herden¬
geläut. 4. Masius.
29. Untreue schlägt den eigenen Herrn.
Als in dem frühern Kriege zwischen Frankreich und Preußen ein Teil des
französischen Heeres nach Schlesien einrückte, waren auch Truppen vom rheini¬
schen Bundesheer dabei, und ein bayerischer oder württembergischer Offizier
wurde zu einem Edelmanne einquartiert und bekam eine Stube zur Wohnung,
wo viele sehr schöne und kostbare Gemälde hingen. Der Offizier schien recht
große Freude daran zu haben, und als er etliche Tage bei dem Manne gewesen
und freundlich behandelt worden war, verlangte er einmal von seinem Haus¬
wirt, daß er ihm eins von diesen Gemälden zum Andenken schenken möchte.
Der Hauswirt sagte, daß er das mit Vergnügen thun wolle, und stellte seinem
Gaste frei, dasjenige selber zu wählen, welches ihm die größte Freude machen
könnte.
Nun, wenn man die Wahl hat, sich selber ein Geschenk von jemandem
auszusuchen, so erfordern Verstand und Artigkeit, daß man nicht gerade das
vornehmste und kostbarste wegnehme, und so ist es auch nicht gemeint. Daran
schien dieser Mann auch zu denken; denn er wählte unter allen Gemälden fast
das schlechteste. Aber das war unserem schlesischen Edelmanne nicht desto lieber,
und er hätte ihm gern das kostbarste dafür gelassen. „Mein Herr Oberst," so
sprach er mit sichtbarer Unruhe, „warum wollen sie gerade das geringste wählen,
das mir noch dazu wegen einer andern Ursache wert ist? Nehmen sie doch
lieber dieses hier oder jenes dort." Der Offizier gab darauf kein Gehör,
schien auch darauf nicht zu merken, daß sein Hauswirt immer mehr und mehr
in Angst geriet, sondern nahm geradezu das Gemälde herunter. Jetzt erschien
an der Mauer, wo dasselbe gewesen war, ein großer feuchter Fleck. „Was soll
das sein?" sprach der Offizier, wie erzürnt, zu seinem todblassen Wirt, that
einen Stoß, und auf einmal, fielen ein paar frischgemauerte und übertünchte
Backsteine zusammen, hinter welchen alles Geld, Gold und Silber des Edel¬
mannes eingemauert war. Der gute Mann hielt nun sein Eigentum für ver¬
loren, wenigstens erwartete er, daß der feindliche Kriegsmann eine namhafte
Teilung ohne Inventarium und ohne Kommissarius vornehmen werde, ergab
sich geduldig darein und verlangte nur von ihm zu erfahren, woher er habe
wissen können, daß hinter diesem Gemälde sein Geld in der Mauer verborgen
war. Der Offizier erwiderte: „Ich werde den Entdecker sogleich holen lassen,
dem ich ohnehin eine Belohnung schuldig bin," und in kurzer Zeit brachte sein
Bedienter — sollte man's glauben — den Maurermeister selber, den näm-