Full text: [Band 3 und 4, [Schülerband]] (Band 3 und 4, [Schülerband])

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wir sie in der Kirche beisetzen wollen.“ Als er dies hörte, ent- 
gegnete er kein Wort, sondern ging still gebeugten Hauptes neben 
dem Sarge her und half ihn tragen. Niemand erkannte ihn; weil 
sie ihn aber fortwährend schluchzen und weinen hörten, störte ihn 
keiner, denn sie dachten: das wird wohl auch einer von den vielen 
armen Leuten sein, denen die Tote bei Lebzeiten Gutes erwiesen 
hat. So kam der Zug zur Kirche, und wie die Träger die Kirchen- 
schwelle überschritten, fing die Orgel von selbst zu spielen an, so 
herrlich wie noch niemand eine Orgel spielen gehört. Sie setzten 
den Sarg vor dem Altare nieder und der Orgelbaumeister lehnte 
sich still an eine Säule daneben und lauschte den Tönen, die immer 
gewaltiger anschwollen, so gewaltig, daß die Kirche in ihren Grund¬ 
pfeilern bebte. Die Augen fielen ihm zu, denn er war sehr müde 
von der weiten Reise; aber sein Herz war freudig, denn er wußte, 
daß ihm Gott verziehen habe, und als der letzte Ton der Orgel 
verklang, fiel er tot auf das steinerne Pflaster nieder. Da hoben 
die Leute die Leiche auf, und wie sie inne wurden, wer es sei, 
öffneten sie den Sarg und legten ihn zu seiner Frau. Und wie sie 
den Sarg wieder schlossen, begann die Orgel noch einmal ganz leise 
zu tönen. Dann wurde sie still und hat seitdem nie wieder von 
selbst geklungen. Nach R. Volkmann-Lean der. 
C. Erzählungen. 
11. Der Seiler von Fürfeld. 
Wenn der alte Held Alexander von Makedonien weit hinten 
in Persien eine gewaltige Schlacht gewann, sagte er immer: „Was 
werden zu Hause meine Nachbarsleute, die Athener, dazu sagen? 
Wenn ich nach Hause komme, zeige ich ihnen alles, was ich erobert 
habe, daß sie sich darob auf den Kopf stellen!" 
Das oder wenigstens so Ähnliches sagte Alexander vor mehr 
als zweitausend Jahren, und wenn dem Seiler von Fürfeld in der 
weiten Welt draußen etwas Außerordentliches passierte, dachte er 
immer: „Was werden sie daheim in Fürfeld — es ist das ein kleines 
Dorf und steht nicht auf jeder Landkarte — „was werden sie wohl 
dazu sagen, wenn ich einmal heimkomme mit Kutsche und Pferd?"
	        
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