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7. Grab sechs Schuh' ein,
Wie leer mag da die Grube sein!
O, nimmermehr; da findest du
Das Beste, eine sanfte Ruh',
Grab sechs Schuh' ein!
P. Rosegger.
62. Heilige Nacht.
1. Stille, tiefe, heil'ge Nacht!
Alles schläft, einsam wacht
Bei dem Kind die Bleiche.
Arm und dürftig dein Gewand,
Hart und schwielig deine Hand,
Mutter, freudenreiche!
2. Kahle Wände, kalt Gemach!
Aber über deinem Dach
Ist aus Nacht und Bangen
Hoch im violettnen Raum
Funkelnd ein erfüllter Traum
Sternklar aufgegangen.
3. Dein beglücktes Seligsein,
Um das Haupt wie Glorienschein
Schwebt's dem Menschensohne,
Fromme Mutterzuversicht!
Ach, die Welt, die wilde, flicht
Eine andre Krone. F. Lamey.
63. Gebet.
Herr, den ich tief im Herzen trage, sei du mit mir,
Du Gnadenhort in Glück und Plage, sei du mit mir;
Im Brand des Sommers, der dem Manne die Wange bräunt.
Wie in der Jugend Rosenhage, sei du mit mir;
Behüte mich am Born der Freude vor Übermut,
Und wenn ich an mir selbst verzage, sei du mit mir.
Gib deinen Geist zu meinem Liede, daß rein es sei
Und daß kein Wort mich einst verklage, sei du mit mir.
Dein Segen ist wie Tau den Reben; nichts kann ich selbst,
Doch daß ich kühn das Höchste wage, sei du mit mir,
O, du mein Trost, du meine Stärke, mein Sonnenlicht,
Bis an das Ende meiner Tage sei du mit mir!
Emanuel Geibel.
E. Lehrhafte Gedichte.
64. Rat des Baters an seinen Sohn.
1. Du wanderst in die Welt hinaus
Auf dir noch fremden Wegen,
Doch folgt dir aus dem stillen Haus
Der treusten Liebe Segen.