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Der Sängerkrieg auf der Wartburg
land schaffen sollten, auch in das beste Wirtshaus niedersetzen.
Das geschah, und sie brachten ihn nach Helgreven-Hof, eh' der Tag
erschien. Im Morgenschlaf hörte Heinrich bekannte Glocken läuten;
er sprach : „Mir ist, als ob ich das mehr gehört hätte und deucht,
daß ich zu Eisenach wäre." „Dir träumt wohl," sprach der Meister.
Heinrich aber stand auf und sah sich um; da merkte er schon, daß
er wirklich in Thüringen wäre. „Gott sei Lob, daß wir hier sind;
das ist Helgreven-Haus und hier sehe ich St. Georgen Tor und
die Leute, die davor stehen und über Feld gehen wollen."
Bald wurde nun die Ankunft der beiden Gäste auf der Wart¬
burg bekannt; der Landgraf befahl den fremden Meister ehrlich
zu empfahen und ihm Geschenke zu tragen. Als man den Ofter¬
dingen fragte, wie es ihm ergangen und wo er gewesen, antwortete
er: „Gestern ging ich zu Siebenbürgen schlafen und zur Metten
war ich heute hier; wie das zuging, habe ich nicht erfahren." So
vergingen einige Tage, eh' daß die Meister singen und Klingsor
richten sollte. Eines Abends saß er in seines Wirtes Garten
und schaute unverwandt die Gestirne an. Die Herren fragten,
was er am Himmel sähe? Klingsor sagte: „Wisset, daß in dieser
Nacht dem König von Ungarn eine Tochter geboren werden soll;
die wird schön, tugendreich und heilig und des Landgrafen Sohne
zur Ehe vermählt werden."
Als diese Botschaft Landgrafen Hermann überbracht worden
war, freute er sich und entbot Klingsor zu sich auf die Wartburg,
erwies ihm große Ehre und zog ihn zum fürstlichen Tische. Nach
dem Essen ging er aufs Richterhaus, wo die Sänger saßen,
und wollte Heinrich von Ofterdingen ledig machen. Da san¬
gen Klingsor und Wolfram mit Liedern gegeneinander; aber
Wolfram tat so viel Sinn und Behendigkeit kund, daß ihn der
Meister nicht überwinden mochte. Klingsor rief einen seiner Geister,
der kam in eines Jünglings Gestalt: „Ich bin müde worden vom
Reden — sprach Klingsor — da bringe ich dir meinen Knecht, der
mag eine Weile mit dir streiten, Wolfram." Da hub der Geist
zu singen an, von dem Anbeginne der Welt bis auf die Zeit der
Gnaden; aber Wolfram wandte sich zu der göttlichen Geburt des
ewigen Wortes; wie er kam von der heiligen Wandlung des Brotes
und Weines zu reden, mußte der Teufel schweigen und von