einerseits die kürzesten Fahrten zu machen und möglichst nahe an der
Zielsäule mit dem links laufenden Pferde herumzulenken, andrerseits
aber dem auf dieser Linie sich zusammenschiebenden Wagengedränge
vorsichtig auszuweichen. Oft siegte der mit Bedacht von dem Zielschaft
abwärts haltende Wagenlenker; in einem Rennspiele scheiterten vierzig
Wagen an dieser Klippe und liehen dem allein übrig bleibenden einen
leichten Sieg. Die Zuschauer verfolgten mit Angst und Jubel die rasch
sich vollendenden Ereignisse des ergreifenden Schauspiels, bis sie mit
lautem Veifallsturm den Glücklichen begrüßen konnten, den des Herolds
Stimme ausrief. Angst und Qual war vergessen, und wie die Glut
des Julitags sich endlich in die ersehnte Abendkühle verwandelte, so
begann die Siegesfeier. Der Sieger wurde von seinen Angehörigen
und Landsleuten umringt, von den anwesenden Hellenen begleitet; der
festliche Zug bewegte sich von Hippodrom und Stadium nach dem
Eingangstor und zum Tempel des Zeus; denn hier, zu den Füßen
des Gottes standen die Sessel der in seiner Vollmacht siegverleihenden
Hellanodiken; hier stand der heilige Tisch, auf dem die frisch ge¬
schnittenen Kränze des Olbaums lagen; vor den Augen des Zeus
wurde des Siegers Haupt geschmückt, wurde die Palme in seine Hand
gegeben. Ein Teil der Festversammlung füllte die Hallen und Galerien
des Tempels; „heilige Hymnen," sagt Pindar, „strömten hernieder,
wann nach des Herakles alten Satzungen des Zeus wahrhaftiger Kampf¬
richter, der ätolifche Mann, des grünen Ölzweigs Schimmer um das
Haupt legt." Dann brachte der Sieger sein Dankopfer am Altar des
Zeus dar, und als hochbeglückter Gast des olympischen Gottes wurde
er mit seinen Siegesgenossen am Herde des Heiligtums bewirtet.
Die Masse des Volkes aber lagerte sich vor der Altis zwischen
wohlversorgten Meßbuden im Freien oder unter Zelten. „Wann der
schönen Selene geliebtes Abendlicht leuchtet," singt Pindar, „dann er¬
schallt die ganze Flur bei lieblichen Gelagen und Siegsgesängen." Es
war die lustige Nachfeier des heißen Tags. Hier schlossen sich neue
Freundschaften, hier begegneten sich alte Gastfreunde; hier erzählte jeder
von den Wundern seines Landes und seiner Stadt; alle griechischen
Mundarten tönten durcheinander; hier wurde gekauft und verkauft, es
wurden Geschäfte aller Art gemacht, es war das bunteste Treiben eines
südlichen Jahrmarkts.
Aber nicht mit kurzem Freudenräusche war die Feier des Siegs
beendet. Die Gestalt der Sieger sollte nicht nach flüchtigem Eindruck