Full text: Für Klasse 3 (achtes Schuljahr) und die Untertertia der Studienanstalten (Teil 7, [Schülerband])

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das furchtbare, gefahrvoll heilsame Element, durchgrub und durchwühlte 
den schlammigen Boden nach allen Seiten und fügte zu den Ver¬ 
änderungen durch Durchbrüche seine eignen wohlberechneten durch Durch¬ 
schnitte. Oft aber zeigen die Folgen, daß er sich geirrt, daß ein neuer 
Arm, den er geöffnet, eine neue Richtung, die er den Wassern gegeben, 
eine Vereinigung oder Trennung dieser, die er unternommen, ver¬ 
derblich statt heilsam wirkte, z. B. den Sand aufhäufte, wo die Schiff¬ 
fahrt frei bleiben sollte: dann schloß er künstlich die von ihm selbst 
geschaffne Öffnung wieder, gab dem Flusse seinen alten Weg oder einen 
dritten neuen, um vielleicht nach Jahren, wenn die Umstände sich ge¬ 
ändert, wieder zu jener verlassenen Wasserstraße zurückzukehren. — 
Zwischen all diesen Flußarmen aber laufen in allen Richtungen, gerade 
und mäandrisch gekrümmt, zahllose Kanäle und kleinere und größere 
Wasserfäden in einem verworrenen Retz, von beladenen Schiffen und 
leichten Böten befahren, die, aus der Ferne gesehen, oft wie über die 
grüne Wiese dahinzugleiten scheinen. Die Werke der Wasserbaukunst 
in diesen Gegenden sind in der Tat von einem Umfang, daß man 
erstaunt, wenn man sie überschlägt, und daß es schon den Alten, die 
noch kein Holland kannten, geläufig war, Venetien mit Ägypten zu 
vergleichen. — 
Venedig selbst, die glanzvolle Lagunenstadt, taucht bekanntlich erst 
nach dem Untergang des römischen Reichs allmählich empor, und die 
Alten wissen noch nichts von einer Stadt in dieser Lage, — aber sie 
ist nur die Erbin, die gleichgeartete Tochter ihrer Vorgängerinnen, eine 
Schöpfung desselben Menschensinns auf demselben Kampfgebiet zwischen 
Meer und Land. Zu einer Zeit, wo die reichen Fruchtgelände des 
östlichen Venetiens wohl noch von mehr oder minder seichten Wassern 
bedeckt waren, mögen sich an ihrem Rande die Pfahldörfer, auf einzelnen 
erhöhten Inseln die Ansiedlungen der Veneter erhoben haben, eines sehr 
alten, schon von Herodot als illyrisch bezeichneten Volks, dessen Stamm¬ 
verwandte sich längs der ganzen adriatischen Küste Italiens bis gegen die 
Südostspitze verbreitet hatten. — Venedig hat in großartigem Maß die 
Arbeit fortgesetzt, durch die der Mensch dieses Küstengebiet umgestaltete. 
Den Einbrüchen des Meeres wurde durch Dammbauten gewehrt, und 
der Flut wurden nur bestimmte Tore gelassen; die Flüsse, die den 
Sand aufhäufen, wurden durch Seitenwege abgewendet. Die Jnselstadt 
lief beständig Gefahr, des Fahrwassers sich beraubt zu sehen und dadurch 
in dieselbe Richtigkeit zurückzusinken, wie ihre Schwestern im Altertum. 
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