Trauerbriefe
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und der Schmerz um ihn soll uns nur noch enger untereinander
vereinigen.
Vor fünf und sechs Jahren hat es nicht geschienen, daß Ihr,
meine Lieben, nach einem solchen Verluste noch einen Freund an
einem Bruder finden, daß ich den lieben Vater überleben würde.
Gott hat es anders gefügt und er gönnt mir noch die Freude,
Euch etwas sein zu können. Wie bereit ich dazu bin, darf ich Euch
wohl nicht mehr versichern. Wir kennen einander alle auf diesen
Punkt und sind des lieben Vaters nicht unwürdige Kinder.
Sie, teure Mutter, müssen sich Ihr Schicksal jetzt ganz selbst
wählen und in Ihrer Wahl soll keine Sorge Sie leiten. Fragen
Sie sich selbst, wo Sie am liebsten leben, hier bei mir oder bei
Christophinen oder im Vaterland mit der Luise. Wohin Ihre
Wahl fällt, da wollen wir Mittel dazu schaffen. Vorderhand
müssen Sie ja doch, der Umstände wegen, im Vaterlande leben
und das läßt sich unterdessen alles arrangieren. In Leonberg,
glaubte ich, würden Sie die Wintermonate noch am leichtesten
zubringen und im Frühjahr können Sie mit der Luise nach
Meiningen, wo ich aber ausdrücklich raten würde eine eigene
Wirtschaft zu treiben. Doch davon das nächste Mal mehr. Ich
würde darauf bestehen, daß Sie hierher zu mir zögen, wenn ich
nicht fürchtete, daß es Ihnen bei mir viel zu fremd und zu unruhig
sein würde. Sind Sie aber nur erst in Meiningen, so werden wir
Mittel genug finden, uns zu sehen und Ihnen die lieben Enkel
zu bringen.
An Reinwald habe ich wieder geschrieben und ihm vorgestellt,
daß Christophine sich jetzt nicht sogleich auf den Rückweg machen
kann. Ohnehin kann ja jetzt noch niemand durch jene Gegend
reisen. Ist alles Unangenehme der Geschäfte vorbei und sind
Sie, liebste Mutter, etwas beruhigt, so kann sie dem Wunsche
ihres Mannes nachgeben. Ein großer Trost wäre mir's, Sie,
liebste Mutter, wenigstens in den ersten drei, vier Wochen nach
der Trennung von Christophine bei Bekannten zu wissen, weil die
Gesellschaft unserer Luise Sie doch immer an die vorigen Zeiten
zu sehr erinnern wird.
Sollte aber keine Pension von dem Herzog gegeben werden
und der Verkauf der Sachen Sie nicht zu lange aufhalten, so