Dronke, Weinbau und Weinbereitung an der Mosel.
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im darauffolgenden Spätherbste oder, wenn der Wein noch langsam
gärt, auch erst später der dritte; nun ist der Wem fertig. Leichte,
wenig gehaltvolle Weine können dann bald abgefüllt und getrunken
werden; die besseren aber müssen noch weiter lagern und zwar um so
länger, je feiner sie sind; denn sie „bauen sich" oder entwickeln sich
weiter, indem sie gerade diejenigen Eigenschaften mehr und mehr zur
Geltung bringen, die am höchsten geschätzt und unter der Bezeichnung
„Bukett" gemeinhin zusammengefaßt werden, wie Duft, Blume usw. Zur
richtigen Zeit, d. h. sobald er reif ist, auf Flaschen gelegt, baut der
Wein sich noch weiter; zu frisch abgefüllt, wird er flach, zu spät aber,
vor der Zeit firn. Guter Moselwein kann bis zu 15 und 20 Jahren
aus Flaschen liegen, ohne seine edlen Eigenschaften einzubüßen.
Die Güte des Weins hängt von einer großen Reihe von Faktoren
ab; zunächst vom Boden, in dem die Reben stehen. Meist besteht er
aus Unterdevon uitb zwar aus Schiefer und Grauwacke; ersterer ist für
den Bau der Reben geeigneter; die Wurzeln des Weinstockes dringen durch
die feinen Spalten des Schieferfelsens und finden dort bei der lang¬
samen, aber stetigen Verwitterung ihre Nahrung neben derjenigen, welche
durch den Dung dem Boden zugeführt wird. Dadurch ist es erklärlich,
daß die Rebe noch auf denselben Berghängen gedeiht, wie vor 1700 Jahren
zur Zeit der Römer. In tiefgründigerem Boden, wo der Tonschiefer zu
hoch von lockerer Erde bedeckt ist, werden daher besonders an der unteren
Mosel in den Weinbergen Schiesersteine ausgebreitet, die man „Kämmerer"
nennt. Der Schiefer hat außerdem die Eigenschaft, die Wärme der
Sonnenstrahlen über Tag gleichsam in sich aufzusaugen, so daß der
Boden in der Nacht viel Wärme ausstrahlen kann. Auch die Lage an
ein und demselben Berghange ist insofern von wesentlichem Einflüsse auf
die Güte des gezogenen Weines, als derjenige, welcher an dem unteren
Ende und an dem oberen Rande der Höhe gewonnen wird, geringer ist
als der aus den mittleren Lagen gekelterte. Endlich ist natürlich auch
die Rebsorte von großer Bedeutung für die Güte des Weines.
Die Mosel ist oft längere Zeit im Winter wegen des Eises, im
Sommer wegen zu niedrigen Wasserstandes mit Frachtschiffen nicht be¬
fahrbar; eine Landstraße von Trier bis Koblenz besteht den Strom ent¬
lang auch heute leider noch nicht vollständig, wenn auch im Laufe der
letzten fünf Jahrzehnte erhebliche Strecken derselben ausgebaut sind.
Infolge dieser unglücklichen Verkehrsverhältnisse konnte das Hauptprodnkt
der Mosel sich nicht zu einem großen Handelsartikel emporschwingen;
sein Absatz blieb beschränkt und dies um so mehr, als der Ruf des
Moselweins nicht stets ein guter war. Mit der Eröffnung der Mosel¬
bahn, die freilich ihren Namen nicht ganz verdient, da sie weite Strecken
des Flusses und gerade das beste Weingebiet überhaupt nicht berührt,
hat sich die Sachlage wesentlich geändert. Zwar besteht kein Weinmarkt,