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leicht die Kleidung entbehren läßt, sodaß einerseits zwar die Sorge
um die Existenz ihnen ferne bleibt, andrerseits aber auch bei der durch
die Natur ihrer Heimat so sehr beschränkten Zahl ihrer Hilfsmittel
von einem Fortschritt bei ihnen nicht die Rede sein kann.
Schon etwas höher stehen die Fis chervölker, die wir wesent—
lich nur in der kalten und gemäßigten Zone antreffen, weil in den
Tropen, z. B. auf den Inseln der Südsee, zwar auch Fischfang ge—
trieben wird, derselbe aber doch nicht die einzige Quelle der Existenz
bildet. Am einfachsten gestaltet sich das Leben der Flußfischer,
dergleichen wir in Sibirien finden, wo die Flüsse überhaupt
reich an Fischen sind, zu gewissen Zeiten im Jahre aber, wenn die
Seefische zur Ablegung ihres Laiches in ihnen emporsteigen, geradezu
davon wimmeln. Der Fang derselben setzt schon einige Geräte voraus
und die Sicherheit der Ernährung läßt das Leben zwar behaglich
erscheinen; aber da det Blick des Volkes nicht weiter reicht als bis
zum Ufer seines Flusses, so ist seine geistige Ausbildung auf sehr
niedriger Stufe geblieben. Höhere geistige Kraftentwicklung nimmt
das Leben der Seefischer in Anspruch, bei denen in der Regel
Kühnheit, Schlauheit, Geduld hervorragende Charakterzüge sind. Die
stete Beobachtung der Atmosphäre und ihrer wechselnden Zustände,
des Himmels, dessen Sterne die Nacht hindurch dem Fischer den Weg
zur fernen Heimat weisen, hat zur höheren Entwicklung des Verstandes
geführt, sodaß es dem Volke zuletzt möglich ward, mit den kleinsten
Mitteln ganz Außerordentliches zu leisten. Das Volk der Eskimos
im hohen Norden bildet dafür das beste Beispiel, denn in den übrigen
Ländern der Erde sind es doch nur immer einzelne Gegenden, welche
sich für diese Beschäftigung eignen. Es ist wahrscheinlich, daß die
Japaner, ursprünglich vielleicht die Kurilischen Inseln bewohnend, sich
dort als Seefischer zu jener Energie und Intelligenz emporarbeiteten, die
ihnen, als sie später die glücklicher begabten Japanischen Inseln be—
setzten, die Entwicklung einer so großartigen Kultur ermöglichten, wie
wir sie dort bewundern.
Jägervölker finden wir fast nur in Nordamerika; denn in
den übrigen Ländern fehlt es entweder wie in Australien an jagd⸗
baren Tieren oder es sind wie in der alten Welt zähmbare Tiere
und anzubauende Pflanzen vorhanden. Das Jägerleben setzt gleiche
Kühnheit, Besonnenheit, Ausdauer wie das des Seefischers voraus,
aber es verlangt daneben anstrengende körperliche Arbeit. Daher
folgen bei solchen Völkern auf Tage der schwersten Mühe Tage der