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VI. Sagen.
Freiheit; wo sie unter einem Dache sich anlehnt, beschränktere. Wie
dies aber von Roland zu verstehen sei, können wir mit Bestimmtheit
nicht ermitteln.
3?. Heinrich der Löwe.
Brüder Grimm. Deutsche Sagen. 2. Band. Berlin.
Zu Braunschweig steht, aus Erz gegossen, das Denkmal eines
Helden, zu dessen Füßen ein Löwe liegt; auch hängt im Dom daselbst
eines Greifen Klaue. Davon lautet folgende Sage: Vorzeiten zog
Herzog Heinrich, der edle Welf, nach Abenteuern aus. Als er in
einem Schiff das wilde Meer befuhr, erhub sich ein heftiger Sturnl
und verschlug den Herzog; lange Tage und Nächte irrte er, ohne Land
zu finden. Bald fing den Reisenden die Speise an auszugehen, und
der Hunger quälte sie schrecklich. In dieser Not wurde beschlossen,
Lose in einen Hllt §u werfen, und wessen Los gezogen ward, der
verlor das Leben und mußte der andern Mannschaft mit seinem Fleische
zur Nahrung dienen; willig unterwarfen sich diese Unglücklichen und
ließen sich für ben geliebten Herrn und ihre Gefährten schlachten.
So wurden die übrigen eine Zeitlang gefristet, doch schickte es die
Vorsehung, daß niemals des Herzogs Los herauskam. Aber das Elend
wollte kein Ende nehmen; zuletzt war bloß der Herzog mit einenl
einzigen Knecht noch auf dem ganzen Schiffe lebendig, und der schreck¬
liche Hunger hielt nicht stille. Da sprach der Fürst: „Laß uns beide
losen, und auf wen es fällt, von dem speise sich der andere." Über
diese Zumutung erschrak der treue Knecht, doch dachte er, es würde
ihn selbst betreffen, und ließ es zu; siehe, da fiel das Los auf seinen
edlen, liebwerten Herrn, den jetzt der Diener töten sollte. Da sprach
der Knecht: „Das tu' ich nimmermehr, und wenn alles verloren ist,
so hab' ich noch ein andres ausgesonnen; ich will Euch in einen
ledernen Sack einnähen, wartet dann, was geschehen wird." Der
Herzog gab seinen Willen dazu; der Knecht nahn: die Haut eines
Ochsen, den sie vordem auf dem Schiffe gespeist hgtten, wickelte den
Herzog darein und nähte sie zusammen; doch hatte er sein Schwert
neben ihn mit hineingesteckt. Richt lange, so kam der Vogel Greif
geflogen, faßte den ledernen Sack in die Klauen und trug ihn durch
die Lüfte über das weite Meer bis in sein Rest. Als der Vogel
dies bewerkstelligt hatte, sann er auf einen neuen Fang, ließ die
Haut liegen und flog wieder aus. Mittlerweile faßte Herzog Heinrich
das Schwert und zerschnitt die Nähte des Sackes; als die jungen
Greise den lebendigen Menschen erblickten, sielen sie gierig und mit
Geschrei über ihn her. Der teure Held wehrte sich tapfer und schlug