132
VII. Aus der Geschichte.
getvaltiger Krieger, und zahlreiche wilde Stämme folgten seinem Rufe,
aber Dido bewahrte treu das Andenken ihres ersten Gemahls, dem der
rauhe Häuptling so unähnlich war. Sie ließ einen Holzstoß errichten,
bestieg ihn, schaute noch einmal über die Stadt und das weite Meer
und starb in den auflodernden Flammen. Spätere Dichtung hat an
Stelle des Jarbas den Stammvater der Römer, den trojanischen
Helden Äneas, gesetzt und überdies die Rollen vertauscht: Dido ent¬
brennt in unauslöschlicher Liebe zu Äneas, der auf seinen Irrfahrten
nach Karthago gekommen ist, und stiirzt sich, als dieser, um dem Be¬
fehl der Götter zu genügen, weiter zieht, voll Verzweiflung in die
Flammen. Das Urbild der Elissa oder Dido ist übrigens die phönikische
Göttin Astarte, die unter dem Namen Dido in Karthago verehrt wurde.
53. Karthago, die Königin des Westens.
Dr. Karl Endemann. Staatslehre u. Volkswirtschaft auf höheren Schulen. Bonn.
Aus Tyrus stammten die Gründer Karthagos her, derjenigen
Stadt, die nach Phönikiens Fall und Tyrus' Zerstörung das Erbe der
Mutterstadt antrat.
Auch die Karthager haben viel geleistet in Industrie, Handel und
Verkehr und überhaupt auf dem Gebiete äußerer Kultur.
„Die Königin des Westens", wie man sie wohl nennen konnte, ist
vortrefflich gelegen an einer Stelle, wo noch heute Acker- und Garten¬
bau mehr als in anderen Ländern blüht, von wo alle wichtigen Plätze
des Mittelmeers und des llördlichen Afrikas leicht zu erreichen sind.
Die Karthager sind ein Volk von reicher Begabung des Verstandes,
tätig, erfinderisch, unermüdlich im Ersinnen und in Ausführung neuer
kühner Handelspläne. Ihre Verwaltung ist geordnet; ihre Stadt,
blühend und reich, liegt in herrlicher Umgebung von Gemüse- und
Obstgärten, von Weinbergen und Olpflanzuugen, denn hochentwickelt
ist auch ihre Landwirtschaft und wird in durchaus rationeller Weise
betrieben. Des Karthagers Mago Schrift über den Ackerbau in
28 Büchern wurde auf Senatsbefehl ins Lateinische übertragen.
Die reichen Schiffsreeder verstehen es, sich schöne Parks anzulegen
und stattliche Landhäuser zu bauen. Große, prächtig ausgestattete
Tempel liegen auf der Anhöhe, wo auch Karthagos Burg, die Byrsa,
sich befindet, und überragen weithin sichtbar die Stadt; an sie schließen
sich die großen Paläste der reichen Kaufherren an, und zwei Reihen
sechsstöckiger Häuser bilden die Straße, die von der Burg nach dem
Hafen hinabführt. Hier aber lagert Schiff an Schiff mit den Waren
des fernen Indiens und Arabiens, Britanniens und Galliens, des