Full text: Handbuch für den deutschen Unterricht in den oberen Klassen der Gymnasien (Theil 2)

Kästner. (1719-1800.) - I. E. Schlegel. (1718-1749 ) 
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Abraham GolLhcls Kästner. 
(1719-1800.) 
Geb. 1719 zu ; seit 1756 Professor der Mathematik in Göttingen, starb 1800. Als Mathematiker auZ- 
gezeichnet und lange Zeit der Ruhm von Göttingen; als Dichter bekannt durch seine Epigramme oder Sinn- 
gedickte. Auch beschäftigte er sich viel mit Uebersetzungen gelehrter Werke aus dem Schwedischen, Englischen, 
Französischen und Holländischen. 
Ans Krpter. 
So hoch war noch kein Sterblicher gestiegen, 
Als Kepler stieg - und starb in Hungersnoth! 
Er wußte nur die Geister zu vergnügen, 
Drum ließen ihn die Körper ohne Brod. 
Dichterhöht. 
Aus Reimern, deren Schwung die Erde nie verlor, 
Stieg Haller einst mit Adlersflug empor; 
Daß nun hoch über ihm viel junge Dichter schweben, 
Macht, weil die Bälle sich durch spreizend Gas erheben. 
Die alternden Dichter. 
Schnell wird ein Dichter alt, dann hat er ausgesungen; 
Doch manche Critici, die bleiben immer — Jungen! 
Tragische Todcsartcn. 
Eh noch der Held den Dolch, die Heldin Gift erkor, 
Starb schon das Drama selbst den sanftern Tod — erfror. 
Der Egoist. 
Tiefsinnig untersucht der Mann, Viel nützlicher wär' ihm sein Fleiß, 
Warum sein Ich was wissen kann: Fragt' er sich: ob sein Ich was weiß. 
Johann Elias Schlegel. 
(1718-1749.) 
Geb. 1718 zu Meißen, lebte zu Schulpforta mit Klopstock zusammen, studirte in Leipzig, wurde 1748 Professor 
an der Ritter-Akademie zu Sorö, starb aber schon im folgenden Jahre 1749. Seine Werke sind hauptsächlich 
dramatische, Trauerspiele (Kanut, Hermann) und Lustspiele; mehrere verfertigte ec schon auf der Schule zu 
Pforta, wie er denn überhaupt frühzeitig ein vielversprechendes Talent entwickelte. Er bildete sich nach den 
Griechen und Franzosen, lernte aber auch aus den Engländern. 
Die mü 
Gleichsam als aus finstern Höhlen 
Treten unsre jungen Seelen 
Aus der Nacht hervor ans Licht. 
Lichtscheu sliehn wir, und das Wahre 
Faßt im Anfang unsrer Jahre 
Unser zitternd Äuge nicht. 
Nicht erleuchtet, bloß geblendet, 
Muß der Geist ihm oft sich nahn: 
Eh, sein Blick, unabgewendet, 
Solchen Glanz vertragen kann. 
Strahlen, die die Körper schicken, 
Dringen schnell zu diesen Blicken, 
Die des Leibes Lichter sind; 
Doch der Geist muß fast veralten, 
Eh sein Auge die Gestalten 
Wenig Dingen abgewinnt. 
Zu der echten Weisheit Ruhme 
Schwingt sich leichtes Flattern nie, 
Und zu ihrem Heiligthume 
Steigt kein Fuß mit wenig Müh'. 
hsame Weisheit. 
Wenn sich nach durchwachten Nächten 
Lorbern um die Schläfe flechten, 
Uns die Welt in Würden sieht; 
Wenn der Berg vor uns verschwunden 
Und der Schweiß der bittern Stunden 
Nun die heitre Stirne flieht: 
Freudig schaun wir dann zurücke, 
Daß die Höh' erstiegen ist, 
O, wie schwindelt hier dem Blicke, 
Der des Thales Tief' ermißt! 
Dann zeigt ebne schöne Weiten, 
Die sich fern vor uns verbreiten 
Weisheit uns zur neuen Bahn; 
Lorbern, die unsterblich grünen, 
Beut sie, wenn wir froh ihr dienen, 
In dem Lob der Nachwelt an. 
Jage, Freund, nun auch nach diesen, 
Da dich Würd' und Glanz erhebt! 
Groß wird erst der Ruhm gepriesen, 
Der die Enkel überlebt. 
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