Full text: [Teil 4 = Quarta, [Schülerband]] (Teil 4 = Quarta, [Schülerband])

Schubert: Des Vaters Segen bauet den Kindern Häuser. 
nach Holland? Sie wissen, daß Ihr Großvater, obgleich er auch von 
Geburt ein Hesse war, in Amsterdam gewohnt hat, und ich weiß es 
aus Ihres seligen Vaters Munde, daß dort noch sehr wohlhabende 
Verwandte von Ihnen leben. Was wäre es für einen von diesen, 
Ihnen das wenige zu geben, was Sie zur Vollendung Ihrer Studien 
noch brauchen? Übrigens wüßte ich auch eine Gelegenheit, durch 
die Sie in wenigen Tagen mit wenig Kosten, ja vielleicht ganz 
unlsonst, auf eineni Rheinschiffe bis nach Rotterdavl fahren könnten. 
Denn es geht ein Fahrzeug, mit Korn beladen, dahüt ab, dessen 
Schiffer mir wohl bekannt ist." 
Der Jüngling zögerte nicht lange, auf btefen Vorschlag einzugehen. 
Sein Pate, der Schullehrer, fuhr ihn selber auf einem kleinen Bauern¬ 
wagen bis an den Rhein, sprach dort mit dem Schiffer, versorgte den 
jungen Reisenden mit einigen Lebensmitteln, mit einem alten Mantel 
wtd selbst mit etwas Geld und wünschte ihm mit herzlichem Hände¬ 
druck Glück und Segen zu seiner Reise. 
Das schwer beladene Kornschiff machte freilich keine großen Tage- 
reiseti, doch ließen das schöne Frühlingswetter imb der Anblick des 
lieblichen Rheintales unserm Konrad die Zeit nicht lang werden, 
die dieser auch noch überdies zum Lesett und zum Schreiben auf 
deut langsaui dahin gleitenden Fahrzeuge gut benutzte. Endlich war 
Rotterdam erreicht, der Jüngling verabschiedete sich von dem Schiffer, 
der für die Fahrt und das Schlafen in der Kajüte durchaus keine 
Bezahlung annahm und zu diesen Wohltaten auch die noch hinzufügte, 
daß er ihm einen Platz in einem wohlfeilen Fahrzeuge aushandelte, 
das schon am nächsten Tage nach Amsterdam fuhr. 
Da war nun Konrad auf einmal in der großen, fremden Stadt, 
wo jeder mit sich selber und seinen Geschäften so viel zu tun hat, 
daß keiner auf den armen Fremdling zu achter: vermag. Einen alten 
Bürgersmann, der mit ihm von Rotterdam hergefahren war, und der 
Deutsch verstand, hatte er nach einen: anständigen und nicht zu teuren 
Wirtshaus gefragt. Der Biirger wies ihm ein Gasthaus an, das 
zwar nicht zu den vornehmsten der Stadt, doch auch nicht zu den ge¬ 
ringeren gehörte. Hier setzte sich der Jüngling in eine Ecke des 
Zimmers, ohne daß anfangs jemand auf ihn merkte. Endlich, als er 
ein Nachtessen begehrte, brachte man ihm viel mehr, als er gewünscht 
hatte und bedurfte; das Nachtlager, das man ihm anwies, war so 
reinlich und so bequem, wie er seit langer Zeit keines gehabt hatte; 
der Jüngling schlief hinter seinen ihm ungewohnten Bettvorhängen 
bis tief in den lichten Morgen hinein. Er war sehr beschämt, da er 
merkte, wie spät es sei; zu dieser Beschämung kam aber bald auch 
noch der Schrecken, als er im Wirtshaus nach seiner Rechnung fragte
	        
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