390
II. Lyrische Poesie.
5. Wer weiß, wo dir dein Glücke
blüht?
So geh und such es nur.
Der Abend kommt, der Morgen
flieht,
Betrete bald die Spur.
6. Laß Sorgen sein und Bangig¬
keit,
Ist doch der Himmel blau;
Es wechselt Freude stets mit
Leid,
Dem Glücke nur vertrau.
7. So weit dich schließt der Hinnnel ein,
Gerät der Liebe Frucht,
Und jedes Herz wird glücklich sein
Und finden, was es sucht.
2\5. Die Kapelle.
Ludwig Uhland. Gedichte und Dramen Herausg. von W. L. Hollan d. t. Teil. Stuttgart.
I. Droben stehet die Kapelle,
Schallet still ins Tal hinab,
Drullten singt bei Wies' und
Quelle
Froh und hell der Hirtenknnb'. j
2. Traurig tönt das Glöcklein
nieder,
Schauerlich der Leichenchor;
Stille sind die frohen Lieder,
Und der Knabe lauscht enlpor.
3. Drobell bringt man sie zu Grabe,
Die sich freuten in dem Tal;
Hirtenknabe, Hirtenknabe,
Dir auch singt man dort einmal.
2\ 6. Aimmerspruch.
Ludwig Uhland. Gedichte und Dramen. Herausg. von W. L. Holland. 1. Teil. Stuttgart.
Das neue Haus ist aufgericht't.
Gedeckt, gemauert ist es nicht,
Noch können Regen imb Sonnschein
Von oben und überall herein;
5. Drum rufeil wir zum Meister der Welt,
Er wolle voll dem Himmelszelt
Nur Heil und Segen gießen aus
Hier über dieses offne Halls.
Zu oberst woll' er gut Gedeihn
10. In die Kornbödell uns verleihn,
In die Stube Fleiß und Frömmigkeit,
In die Küche Maß und Reilllichkeit,
In den Stall Gesundheit allermeist.
In dem Keller devl Wein einen guten Geist!