Full text: [Teil 4 = Tertia, [Schülerband]] (Teil 4 = Tertia, [Schülerband])

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Hand eines leidenschaftlichen Menschen ist wie das Messer in der Hand 
eines Kindes. Lenz, ich habe dir Unrecht gethan. Hier sehe ich dein 
Weib, dein Kind, denen du das Christbäumchen hast aufstellen wollen. 
Verzeiht mir! Verzeiht mir alle drei! Ich will es gut zu machen trachten." 
Er sprach dem Pecher die Meierstelle im großen Felberhofe zu. 
Der Lenz war wortkarg. Er schüttelte den struppigen Kopf: der Felber- 
hof wäre ihm zu groß. „Zu groß! lachten die Leute, das sollte ein 
Mann-Teufel, wie Ihr einer seid, niemals sagen. Manch anderer wäre 
froh, könnte er seine Familie ohne Sorgen wachsen lassen." „Mag nicht 
fort von da, sagte der Lenz tonlos, möchte mir lieber das Pechhacken 
wieder erlaubt sein." „Das Pechhacken, Lenz, das thut Euch schlecht und 
den Bäumen nicht gut, versetzte Gallheim. Aber die Försterstelle wird 
frei, und zu Christbäumen für Eure Nachkommenschaft haltet von heute an 
dreißig Joch Waldgrund als Euer eigen. Dann, Hackbreter, wollen wir 
wieder gut sein." 
„Ich bin nicht bös, sagte der Lenz, ich wollte den Herrn nur ge¬ 
beten haben, daß er's hier vor meinem Weib und meinem Kind laut 
thät' sagen, daß ich nicht schuldigerweis eingesperrt worden bin." Gall¬ 
heim faßte mit beiden Händen des anderen Rechte und rief: „Lenz, 
Ihr seid ein braver Mann!" 
Und so ist das Christkind doch noch in die Hütte der Pechersleute 
gekommen. P. K. Rosegger. 
43. Heimkehr. 
Heimkehr! Wunderbares Wort, wie klingst du so lieblich und doch 
so mächtig in unserem Innern wieder! Wie plötzlich nimmst du Sorge 
und Kummer von der gepreßten Brust und zauberst Sonnenschein überall, 
wo du ertönst! Da draußen in der Welt ist's schön; ihre Wunder be¬ 
rauschen oft die Sinne, Geist und Verstand erfreuen sich daran, aber 
das Herz vermögen sie nicht abwendig zu machen von dem kleinen Fleck¬ 
chen Erde, wo seine Wiege stand, und wo der Mund des Kindes die 
ersten Worte lallte. Die Heimat bleibt unvergessen, ihr Bild strahlt mit 
unvergänglichen Farben in unserer Erinnerung. Die unsichtbaren Bande, 
welche uns an sie fesseln, vermag keine Entfernung zu zerreißen. 
Du traute Heimat, wie eng und drückend erschienst du oft dem 
ungestümen Sinne des Knaben; wie sehnsuchtsvoll schweiften seine Blicke 
über dich hinaus ins Weite, in die große Welt, über das Meer und 
zu fernen Ländern! Dem heißen Drange des Knaben ist gewillfahrt, 
die unbekannte Welt ihm erschlossen, und über des Oceans dunkle Fluten 
trug ihn das Schiff zu den fernen Gestaden. Viel Schönes zog an 
seinen Augen vorüber, er schaute die großartigen Wunder der Tiefe, 
des Urwalds gewaltiger Blätterdom wölbte sich über seinem Haupte, 
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