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Der Umsatz dieser Waren, welche jährlich einen Wert von fünf
Millionen Mark darstellen, und deren Fertigung einen Distrikt von
etwa 30 Ortschaften umfaßt, die fast ausschließlich Kinderspielwaren
liefern, beschäftigt und ernährt ungefähr 8000 Menschen. Diese Industrie
ist von um so größerer wirtschaftlicher Bedeutung, als der Arbeitslohn
die Kosten des Materials weit übersteigt. Gleichwohl wird der einzelne
Arbeiter keineswegs durch einen auch nur mittelmäßigen Lohn für seinen
Fleiß und seine Geschicklichkeit erfreut. So muß z. B. ein Drechsler,
der lediglich nur Posthörnchen arbeitet, mit Weib und Kindern sich ver¬
eint anstrengen, um wöchentlich gegen 90 Dutzend zu liefern; dafür er¬
hält er etwa nur 4 bis 5 Mark. Wie sich jedoch trotz dieses geringen
Preises der Ware das Holz durch letztere verwertet, geht daraus her¬
vor, daß 1 Klafter Holz (zu 144 Kubikfuß gerechnet) zu 4680 Dutzend
Posthörnchen ausreicht. Auf der einen Seite also eine merkwürdig große
Verwertung des Rohmaterials, auf der andern ein karger Gewinn und
ein kümmerliches Leben, besonders wenn man hierfür noch, wie man
muß, bei dem Drechsler den Preis für das Arbeitsholz, die Ausgaben
für Wohnung, Kleidung, Nahrung, Feuerung, Sterckr u. s. w. in An¬
schlag bringt! „Das unschuldige Kind, setzt der Verfasser des Buches,
dem wir diese Notiz entnehmen, in gefühlvoller Teilnahme hinzu, welches
am lustigstrahlenden Weihnachtsabende mit Frohsinn nach jenen Post¬
hörnchen greift, hat keine Ahnung von dem trüben Dämmerlichte, das
dort am Walde in der armseligen Hütte seines Verfertigers zittert;
aber daß es die Eltern wüßten und rechtzeitig dem Kinde erzählten,
das wäre gut."
Wir verlassen das durch den Charakter holder Anmut so interessante
Gebirge in hohem Grade befriedigt, und um so befriedigter, als wir
dasselbe (und dies gilt vorzüglich von den Bewohnern des Waldes)
von einer lebensfrischen und heiter regsamen Bevölkerung bewohnt wissen,
die sich Redlichkeit, alte Treue und Gastfreiheit zu bewahren gewußt hat.
I. Kutzen.
55. Dresden.
Inmitten des lachenden Thalkessels, zu welchem sich das Elbthal
von Pirna bis Meißen erweitert, und welcher auf beiden Ufern von
zwei im wesentlichen aus Granit und Syenit bestehenden Höhenzügen
eingefaßt wird, liegt Dresden, Sachsens Haupt- und Residenzstadt, nicht
bloß ausgezeichnet durch seine unvergleichliche Lage in einer der schönsten
Gegenden Deutschlands, sondern auch reich an denkwürdigen und herrlichen
Bauwerken.
Ursprünglich war Dresden, dessen die Urkunden erst seit Anfang
des 13. Jahrhunderts Erwähnung thun, nichts als ein sorbisches Dorf,