Full text: Heimatkundlicher Anschauungsunterricht im zweiten und dritten Schuljahre

250 Buch V. Amerika. 
2. Indem wir die Beschreibung des Coloradobeckens derjenigen 
der übrigen innern Hochebenen vorbehalten, wenden wir uns zu dem 
ausgedehnten Gebirgssystem, welches dieselben im Osten und Nordosten 
begrenzt und die Hauptwasserscheiden zwischen dem Atlantischen und dem 
Stillen Ocean in sich saht. Es sind dies die sog. Felsengebirge 
(Rocky Mountains), auf den altern Karten') meist als ein ein- 
förmiges, enggeschlossenes Kettengebirge gezeichnet, das etwa vom 
35« N. Br. bis zum Polarkreis oder noch darüber hinaus nordnord- 
östlich strich und an dessen Ostseite die Zuflüsse des Mississippi ent- 
sprangen. Nach heutiger Kenntnis lassen sich dagegen eine Reihe natür- 
licher Abschnitte der langen Gebirgsmauer unterscheiden, die sich durch 
allgemeine Streichungsrichtung der Ketten, durch Länge und Bau der 
einzelnen Massive, sowie durch Verschiedenheit der geognostischen Zu- 
sammensetzung leicht als scharf individualisierte Gebirgsglieder von ein- 
ander abheben. 
Zum ersten Querschnitt eignet sich der Durchbruch des Nord- 
p latt e slusse s , 43° N. Br., wo einst, wie es scheint, die Tertiär- 
meere der innern Hochebenen mit denjenigen der Außenseite des Ge- 
birges in Verbindung standen. Doch auch die neuere Geschichte läßt 
diese Linie als eine wichtige Querpassage erkennen. Im Thal des 
Nordplatteflusses ging vor dem Bau der großen den Continent quer 
durchziehenden Eisenbahnen die Ueberlandsroute entlang, welche die ersten 
Einwandererschaaren nach dem fernen Westen und Calisornien führte^). 
Dieser Weg erscheint uns, wenn wir eine Verbindung von St. Louis 
(38'/2°) mit San Fr ancisc 0 (38°) im Auge haben, als ein Um- 
weg, aber die historische Entwicklung der westlichen Verkehrswege weist 
uns auf die Geschlossenheit desjenigen Theiles des Felsengebirges hin, 
der sich in meridionaler Richtung zwischen 35° und 43« als ein srüher 
unübersteigliches Hindernis den ostwestlichen Verkehrslinien in den Weg 
stellte. Man hat diese, die höchsten und wildesten Bergpartien des 
ganzen Systems in sich fassenden Ketten auch wohl die eigentlichen 
Felsengebirge genannt. Bei einer Länge von 120 M., 900 Kil., 
(d. h. einer Entfernung von Wien bis Grenoble) gibt dieser Gebirgs- 
abschnitt den Alpen an Länge nicht viel nach, wenn auch vielleicht an 
Breite, die nur in den Mittlern Theilen 20 M., 150 Kil., erreicht. 
Obgleich aber zahlreiche Gipfel die Höhe von 4000™ übersteigen und 
demnach mit den Schneegipfeln des Berner Oberlandes rivalisieren, so 
vermögen sie nicht das gleiche Gebirgspanorama zu bieten, da sie auf 
einem 1500 ™ —1600 m hohen Sockel aufsitzen, den auch die höchsten 
Spitzen nicht um 3000™ überragen. Außerdem fehlt diesen bei der 
Trockenheit des continentalen Klimas der Schmuck des ewigen Schnees, 
wenn auch die über die Baumgrenze (ca. 3500 m) hinaufragenden 
Häupter fast das ganze Jahr hindurch schneeige Streifenbänder zeigen. 
— Süd-Nordrichtung der Hauptk ett en herrscht vor. Steil 
i) S. z. B. Stieler's Handatlas, Blatt 46b der Ausgabe von 1825. 
^) Vergl. dafür Zeitschr. f. allg. Erdkunde. N. F. Bd. IV. 1858. Taf. VIII, 
1:3.000000.
	        
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