Full text: Deutsches Ringen (Band 7, [Schülerband])

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da an verfiel der polnische Staat, immer trostloser wurden die 
Zustände. 
Nicht gleich war die Haltung der Deutschen in Westpreußen gegen¬ 
über bekehrenden Jesuiten und slawischer Tyrannei. Ein großer 
Teil des eingewanderten deutschen Adels wurde katholisch und pol¬ 
nisch, die Bürger und Bauern blieben in der Mehrzahl hart¬ 
näckig Protestanten. Zu dem Gegensatz der Sprache kam jetzt auch 
der Gegensatz der Konfessionen, zu dem Stammhaß die Glaubens¬ 
wut. Gerade in dem Jahrhundert der Aufklärung wurde in diesen 
Landschaften die Verfolgung der Deutschen fanatisch, eine protestan¬ 
tische Kirche nach der andern wurde eingezogen, niedergerissen, 
die hölzernen angezündet; war eine Kirche verbrannt, so hatten die 
Dörfer das Glockenrecht verloren, deutsche Prediger und Schullehrer 
wurden verjagt und schändlich mißhandelt. Es gab kein Recht, es 
gab keinen Schutz mehr. Die nationale Partei des polnischen Adels 
verfolgte im Bundes mit den Pfaffen am leidenschaftlichsten die, 
welche sie als Deutsche und Protestanten haßte. Zu den Patrioten 
oder Konföderierten lief alles raublustige Gesindel; sie warben Haufen, 
zogen plündernd im Lande umher, überfielen kleinere Städte und 
deutsche Dörfer, nicht nur aus Glaubenseifer, noch mehr aus Habsucht. 
So sah es in dem Lande kurz vor der preußischen Besitznahme 
aus. Zwar Danzig, den Polen unentbehrlich, erhielt sich in den Jahr¬ 
zehnten der Auflösung und nach der preußischen Okkupation des Weichsel¬ 
landes in vornehmer Abgeschlossenheit; es blieb ein Freistaat unter 
slavischem Schutz, lange dem großen König ärgerlich und wenig ge¬ 
neigt. Auch Thorn mußte noch zwanzig Jahre als polnische Grenz¬ 
stadt von den übrigen deutschen Kolonien getrennt in Bedrängnis 
ausharren; aber dem flachen Lande und den meisten deutschen Städten 
war die energische Hilfe des Königs Rettung vom Untergange. Die 
preußischen Beamten, welche in das Land geschickt wurden, waren 
erstaunt über die Trostlosigkeit der unerhörten Verhältnisse, welche 
wenige Tagereisen von ihrer Hauptstadt bestanden. Nur einige größere 
Städte, in denen das deutsche Leben durch feste Mauern und den alten 
Marktverkehr unterhalten wurde, und geschützte Landstriche, welche 
ausschließlich von Deutschen bewohnt wurden, wie die Niederung bei 
Danzig, die Dörfer unter der milden Herrschaft der Zisterzienser von 
Oliva und die wohlhabenden deutschen Ortschaften des katholischen
	        
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