32 Die Sachsenkriege bis 77..
besetzte Desiderius Teile des durch Pippins Schenkung dem Papst
übergebenen Küstengebietes und bedrohte Rom. Jetzt ries Hadrian
Karl d. Gr. zu Hilse. Dieser zog 773 über den Mont Cenis nach
Italien, umlagerte Paoia, das sich 774 ergab, schickte den abge¬
setzten Desiderius iu ein Kloster nach Frankreich und nannte sich
von nun an selbst „König der Langobarden". Damit hatte er
seine Herrschast über Ober- und Mittelitalien bis zum Garigliano
ausgedehnt.
Die Sachsenkriege bis 777.
Ehe Karl gegen die Langobarden aufbrach, hatte er schon den
größten Krieg seiner ganzen Regierung, der sich über 30 Jahre
Die Sachsen, hinzog, begonnen, den gegen die Sachsen. Dieser niederdeutsche
Stamm wohnte zwischen Harz und Nordsee und oou der Elbe und
Eider bis nicht ganz zum Rhein. Er gliederte sich in vier Grnppen:
die Westfalen, die Engern, die Ostfalen nnd die Nordleute oder
Nordalbiuger. Bei den Sachsen hatten sich altgermanische Einrich¬
tungen auf dentschem Boden am längsten und reinsten erhalten. Sie
kannten fein Königtum, lebten nach altgermanischer Gemeinsreiheik
und erhoben nur auf Kriegsdauer sog. Herzöge zu Heerführern.
Diese und die Leiter der Volksversammlungen, also zugleich der
Volksgerichte, wurden ow$ dem Stamme der Edelinge gewählt;
nach ihm kam der Stand der Frilinge, der Gemeinfreien: darnach
der der Lassen oder Liten, d. i. Halbfreien oder Pächter; endlich
gab es noch Knechte oder Leibeigene, meist''Kriegsgefangene. Der
politische Zusammenhang der Sachsen war sehr lose: nur einmal
alljährlich kamen Gesandte aller Gaue bei Mars io a/Weser znr
Sachsen und Beratung gemeinsamer Angelegenheiten zusammen. — Zwischen
Franken. Sachsen und Franken gab es keine scharfe, Naturgrenze; letztere
bewohnten noch einen schmalen Strich Landes ans dem rechten
Rheinufer, wo Ruhr und Lippe sich zum Rhein wendeck Darin
lag ein Anlaß zu jahrhundertelanger Stammesfeindschaft zwischen
Sachsen uud Frauken, die sich in fortwährenden Grenzverletzungen
und Rachezügen von beiden Seiten äußerte. Diese Feindschaft, zu
der auch die Gegensätze von Königtum auf fränkischer und von alt¬
germanischer Gemeinfreiheit auf sächsischer Seite beitrugen, wurde
noch verschärft, seitdem die Franken das Christentum augenommen
hatten und christliche Glaubeusboteu gerade an deu fränkischen
Königen Schutz uud Unterstützung fanden, während die Sachsen
am Heidentum festhielten. Schon die Merowinger, KarlMartell
und Pippin hatten mit den Sachsen Krieg geführt, aber ohne
die Absicht, diese auf die Dauer zu unterwerfen oder zur An¬
nahme des Christentums zu zwingen. Erst Karl ix Gr. verfolgte
und verwirklichte diesen doppelten Plan.