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Frühling am Zambesi.
72. Frühling am Zambesi.
Am Zambesi enden die Regen Anfang April, im Juli wird das
Getreide eingeerntet, im August beginnt das Niederbrennen des Grases,
und dann liegt das Land der glühenden Sonne ausgesetzt, schwarz und
tot wie eine Leiche. Die Flußläufe trodnen ein, der Zambesi selbst
wandelt sich vom mächtigen Strom in eine Anzahl niedriger Fluß—
rinnen, welche freilich für tleine Boote auch dann noch befahrbar sind;
die Wasserlöcher versagen, und die Eingeborenen müssen für ihren
Bedarf an dem unentbehrlichen Naß oft täglich stundenlang gehen.
Es ist leine Frage, daß auch in diesen Monaten Wasser überall unter
dem Boden vorhanden ist und es der europãischen Technik leicht gelingen
würde, das Land in dieser Richtung umzuwandeln. Aber einstweilen
liebt der Neger noch keine Umwandlungen. So trocknet das Land
mehr und mehr aus, und grimm und öde, wie bei uns im Winter,
liegt der größere Teil der Landschaft vor dem Auge des Beschauers
mit dem Unterschied freilich daß immergrüne Bäume, wie Palmen,
Alazien und Aloes immerhin doch noch eine gewisse Abwechselung
in das Gemälde bringen. Im September und mehr noch im Oltober
wird die Hitze schwül, ja fast unerträglich; sie steigt bei Tage bis
auf 45 Grad Celsius im Schatten, und auch die Nächte, obwohl sie
erheblich ablühlen, bringen oft keine eigentliche Erfrischung.
Aber der Dämon, welcher die Erde quält, baut sich sein eigenes
Grab. Die Natur in ihrem großen Haushali ist überall weise und
vergeudet keine Kraft. Dieselde Hitze, welche den Boden austrodnet
und unsere Nerven zerrüttet, wird gleichzeitig zu dem großartigsten
Pumpwerlke benützt, das es auf diesem Planeten gibt. Aus dem Ozean
saugt es ununterbrochen Feuchtigkeit empor; diese Dämpfe werden in
Regenwolken umgewandellt, und die kalten Winde, die von Süden in
die Luftmasse eindringen, schlagen sie zu Wassermassen nieder. Mit
ihnen wird der dürstende duntle Weltieil getränkt. Der Regen aus
der dalten Zone der oberen Luftschichten, der auf das brennende Erdreich
fällt, kühlt dieses ab, und so bricht sich die tropische Hitze an ihrem
eigenen Übermaß; uns ist also in dieser Zeit die schwüle Glut geradezu
willkommen, weil sie uns ein sicherer vorbote des erquicdenden Ge⸗
witters ist. Auch hier geht der Weg zur Freude durch Leiden.
Gewaltig ist das Herannahen des erlsenden Umschwunges. Gegen
Abend bededt sich der nördliche und östliche Horizont mit einer bleiernen,
starr dastehenden Wolkenmauer. Die Sonne sinkt und verschwindet
im Westen, und die Nacht bricht herein über die erwartungsvoll ruhende
Erde. Da zudt es plöhlich grell auf durch die nunmehr dunkle Wand
der Wollen, und Blitzstrahl folgt auf Blitzstrahl. Ein, zwei Abende