Full text: [Erster Teil, Dritte Abteilung = (Für Quarta), [Schülerband]] (Erster Teil, Dritte Abteilung = (Für Quarta), [Schülerband])

Pöppig: Reisebilder aus den Anden. 
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94. Reisebilder aus den Anden. 
Von Eduard Friedrich Pöppig. Reise in Chile, Peru und auf dem Amazonenstrom. 
Leipzig, 1836. 
ä) Das Reisen des Naturforschers in den Anden. 
Wer in den Gegenden der Anden mit der Absicht des Natur¬ 
forschers reist, wem es also wünschenswert scheinen muß, sich unab¬ 
hängig auch in den abgelegensten Gegenden, in den ärmlichsten Hütten 
aufhalten zu können, muß auf eine Weise vorbereitet und eingerichtet 
sein, die der Europäer nicht kennt, der nur in einem Weltteile sich be¬ 
wegt, welchen eine uralte Civilisation beglückt. In Peru und Chile 
giebt es, wenigstens so lange man zu Lande reist, nur ein Verfahren, 
um diesen Zweck zu erreichen. Man versieht sich mit einem ein¬ 
geborenen Diener, der für das für jene Länder sehr geringe Monats¬ 
gehalt von 7—10 spanischen Thalern die vielfachen Ämter eines Kochs, 
Maultiertreibers, Bedienten, Baumeisters und Kuriers vertritt und sie 
recht gut versieht, da jeder Chileno durch sein Naturleben von Jugend 
auf sich eine Menge Erfahrungen und Fertigkeiten erwirbt, die dem 
Europäer der gleichen Klasse fremd bleiben. Solche Männer, mit dem 
Namen von Peones belegt, sind in San Jago und den übrigen 
größeren Orten zahlreich und immer reisefertig, da die häufigeren Reisen 
der Fremden sie auf das Einträgliche solcher Dienstleistungen aufmerk¬ 
sam gemacht haben, die außerdem noch ganz mit ihrer Neigung zum 
unstäten Leben übereinstimmen.^ Vermeidet man es nur, einen ganz 
Unbekannten in seine Dienste zu nehmen, und gebraucht man die Vor¬ 
sicht einen festen Vertrag zu schließen, so wird man selten Ursache 
haben, über seinen Begleiter zu klagen. Nur wenn man zufällig einen 
Ort berührt, wo eben eins der zahlreichen Kirchenfeste gefeiert wird, 
mag man vielleicht etwas Nachlässigkeit und Neigung zu Ausschweifungen, 
unter denen man selbst leidet, bemerken. Befindet man sich aber mit 
seinen! Peon einmal in der Wildnis, so hört aller Grund zur Unzu¬ 
friedenheit auf; denn er ist fast unveränderlich gut gelaunt, durch körper¬ 
liche Beschwerden nicht leicht zu verstimmen und in gefährlichen Lagen 
ebenso entschlossen als thätig. Wo ein europäischer Begleiter verlegen 
dastehen würde, zieht sich der südamerikanische geschickt aus den schwie¬ 
rigsten Lagen, und er weiß oft auf das sinnreichste dem schwergefühlten 
Mangel an Hilfsmitteln zu begegnen. Die nächste Sorge ist die Er¬ 
werbung von Maultieren. Man folgt dabei am besten dem Beispiele 
der Eingeborenen, welche in den meisten Fällen einen Maultiertreiber 
mit seinem Zuge mieten oder einer reisenden Truppe sich anschließen. 
Mit einem kleinen Küchenapparat einer sehr tragbaren Art muß man 
ebenfalls versehen sein, denn oft entspricht die Hütte eines Landmanns 
auch nicht den einfachsten Anforderungen. Das kleinere Gepäck und den 
geringen Vorrat von Büchern verteilt man in die Lederkoffer, die weit 
vor den europäischen den Vorzug verdienen und am kunstreichsten auf 
den Pampas von Buenos Ayres verfertigt werden. Zwei von ihnen 
machen eine Maultierladung, und in dem Zwischenräume auf dem
	        
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