Ludwig Kosegarten, Das Amen der Steine.
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Petrus, wie doch starrst du seltsam? Sprich, was deine Flucht
verhält!
11. Auf des Mannes hoher Stirne glänzen blut'gen Schweißes
Tropfen;
wohl nicht von des Weges Mühe mag so bang das Herz ihm
klopfen;
bleich zum Tod das schöne Antlitz — Petrus, kennst du die
Gestalt?
Schon einmal vor deinen Augen ist sie also hingewallt.
12. Grüßend neigt er sich zum Jünger; seiner Augen helle Sonnen
sind von eines stillen Grames Regenwolken mild umronnen;
fest nun ruhn sie auf dem Flüchtling — Petrus, kennst den Blick
du nicht?
Schon einmal rief er dich Schwachen wieder zur vergeßnen Pflicht.
13. Ja, das ist der Herr! So stand er vor dem ungerechten Heiden,
so blieb still und klar sein Antlitz mitten in den wilden Leiden.
Und der Jünger sinkt zur Erde — doch das Herz läßt ihm nicht
Ruh!
Und er ruft: „Mein Herr und Heiland, rede, wohin gehest du?"
14. Und der Heiland spricht, das Auge unverwandt auf ihn gerichtet
mit dem Blick, der an der Tage letztem Falsch und Wahrheit
sichlet:
„Meine Kirche steht verödet, meine Treuen sind verirrt —
zu der Stadt ist meine Straße, wo man neu mich kreuz'gen wird!"
15. Und der Herr verschwand; doch eistger, als er erst den Tod
geflohen,
flieht der Jünger jetzt das Leben, dem des Meisters Blicke drohen.
Schnell den Lauf zurückgewendet! Über Hellas graut es schon;
Neros goldnes Haus erglänzet bald als goldner Sonnenthron.
16. Und die Sonne, die jetzt Freuden ausgießt über allen Landen,
trifft die Christen laut noch lubelnd, den Apostel doch in Banden.
Lauter weinend sah sie jene, als sie wieder sank zu Tal,
doch ein selig sterbend Antlitz traf am Kreuz ihr letzter Strahl.
Gottfried Kinkel.
27. Das Hmett der Steine.
Vom Alter blind, fuhr Beda dennoch fort
zu predigen die neue, frohe Botschaft.
Von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorfe wallte
an seines Führers Hand der fromme Greis
und predigte das Wort mit Jünglingsfeuer.