Full text: Geschichte des Mittelalters bis zum Westfälischen Frieden (H. 2)

78 
Das Mittelalter, 
Rückblicke. 
1. Schwächung ber Reichseinheit. Die Herzogtümer waren schon beim 
Aussterben ber sächsischen Kaiser erblich. Später gingen auch bie kleinen 
Lehen ohne weiteres vom Vater auf ben Sohn über. Unter ben Hohen¬ 
staufen nahm ihre Zahl anßerorbentlich zu. Die großen Herzogtümer 
würben nämlich seit Friebrich Barbarossa in viele kleine Gebiete zerschlagen, 
mit benen bann weltliche ober geistliche Herren (Grasen, Fürsten, Ritter — 
Erzbischöse, Bischöfe, Äbte) belehnt würben; auch einige Stäbte erhielten 
bereits bie Reichsunrnittelbarkeit (Reichsstädte). Alle biese Gebiete waren 
beim Aussterben ber Hohenstaufen fast selbstänbige Kleinstaaten geworben, 
bie miteinanber Verträge schlössen ober auch Krieg führten. 
Der Kaiser war ganz von ber Treue ber Reichs surften abhängig. 
Da sich nun unter biesen bei jebem Thronwechsel Unzusriebene fanden, 
bie die Wahl nicht anerkannten, so kam Deutschland aus den Empörungen 
und Bürgerkriegen gar nicht heraus. Das Reich war der inneren Ans- 
löfung nahe; mit Deutschlands Stellung als Weltmacht war es vorbei. 
Daß es so weit kommen konnte, hatte zum Teil seine Ursache in bem 
unbeutschen Verhalten der letzten Hohenstaufen, die ihre ganze Kraft auf 
die Bezwingung Italiens verwendeten. In unserem Lande haben sie sich 
nicht heimisch gefühlt. Und doch übte ihre glanzvolle Persönlichkeit einen 
unendlichen Zauber auf die Seele des deutschen Volkes aus. Als es hieß, 
Friedrich II. sei gestorben, konnten die Deutschen es nicht glauben. Bald 
entstand die Sage, er sei nicht tot, sondern halte sich in einer Höhle des 
Kyffhäusergebirges (oder in einem andern Berge) verborgen. Die spätere 
Zeit setzte an Friedrichs II. Stelle seinen großen Ahnherrn Friedrich 
Barbarossa. (Rücfert: Barbarossa. Geibel: Friedrich Rotbart.) 
Während das edle Geschlecht in Italien heldenmütig kämpfte und sich 
schließlich dort verblutete, blieb Deutschland sich selbst überlassen. Tapfere 
Reichsfürsten verteidigten die Grenzen oder schoben sie gar noch weiter 
hinaus (Adolf IV. von Schauenburg, Heinrich von Liegnitz — die Hoch- 
meister des Deutschen Ordens). 
2. Deutsche Eroberungen im Osten. In den letzten Jahrhunderten 
war die Macht des Reiches zwar gesunken; aber die Kraft des deutschen 
Volkes war ungebrochen. Von tatkräftigen Fürsten geführt, war es Schritt 
für Schritt gegen Osten vorgedrungen. Zur Zeit Karls des Großen ging 
die Reichsgrenze mitten durch das jetzige Dentfchlanb (Böhmer Wald, 
Saale, Elbe, Trave). Heinrich I. und Otto der Große hatten zeitweilig 
ihre Herrschaft bis an die Oder ausgedehnt (Sächsische Nordmark); doch 
dauernd konnte der Osten erst dann gewonnen werden, wenn entweder 
die Slawen germanisiert oder durch Deutsche ersetzt wurden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.