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beschwüren zu können. Es war nicht leicht, Luthern mit dem Plan
zu befreunden, denn sein tapferes Herz hatte irdische Furcht längst
überwunden; widerwillig fügte er sich. Auch war daS Geheimnis
nicht leicht zu bewahren, so geschickt die Entführung angelegt war.
10 Jin Anfange wußte von den Wittenbergern nur Melanchthon um
den Aufenthalt. Aber Luther war durchaus nicht der Mann, sich
auch dem wohlwollendsten Ränkespiel zu fügen. Es entstand bald
ein emsiges Botenlaufen zwischen der Wartburg und Wittenberg;
welche Vorsicht man auch bei der Besorgung der Briefe gebrauchte,
15 es war schwer, dem Gerücht entgegenzutreten. Luther erfuhr aus
der Burg eher als die Wittenberger, was in der großen Welt
vorging, er erhielt von allen Neuigkeiten seiner Universität Nach¬
richt und versuchte den Mut seiner Freunde zu stärken und ihre
Schritte zu leiten. Seine Briefe überschrieb er aus der Luft, aus
20 Patmos, aus der Wüste, „unter den Vögeln, die lieblich von den
Zweigen singen und Gott mit allen Kräften Tag und Nacht loben."
Schwer trug er die Muße seines Aufenthalts. Zwei Tage hinter¬
einander zog er mit zur Jagd. Aber sein Herz war bei den
wenigen Hasen und Feldhühnern, die von der Schar der Menschen
25 und Hunde ins Garn gehetzt wurden.
2. Nicht lange litt es Luthern auf der Wartburg. Wittenberg
war der Tummelplatz einer abenteuerlichen Bewegung geivorden.
Schon einmal war er heimlich dort gewesen, jetzt kehrte er gegen
den Willen des Kurfürsten unter Acht und Bann öffentlich dort-
30 hin zurück.
3. Auf der Wartburg hatte er sein größtes Werk, die Über¬
setzung der Bibel, begonnen. An dieser Arbeit, die er im Verein
mit seinen Wittenberger Freunden zum Abschluß brachte, erwarb er
die volle Gewalt über die Sprache des Volkes. Ein Buch für
35 das Volk wollte er schaffen; emsig studierte er dazu Redeweise,
Sprichwörter und Kn»stausdrücke, die im Volksmund lebten. Noch
die Humanisten hatten oft ein unbehilsliches, verschränktes Deutsch
geschrieben mit ungefügen Sätzen in unschöner Erinnerung an den
lateinischen Stil. Wie anders Luther! „Man muß, sagt er, nicht
40 die Buchstaben in der lateinischen Sprache fragen, wie man soll
Deutsch reden; sondern man muß die Mutter im Hause, die Kinder
auf der Gasse, den gemeinen Mann auf dem Markt drum fragen