Full text: [Sechster Teil, [Schülerband]] (Sechster Teil, [Schülerband])

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bis in unsere Zeit erhalten. In Niederösterreich wird am 5t. Blasius¬ 
tage der wind gefüttert, und zwar mit Mehl oder Salz, damit er in 
der Heuernte nicht wehe, und im Mölltale in Kärnten wird das erste 
Heu in die Luft geworfen mit den Worten: „Da hat der wind sein 
Teil." Wohl denkt man hier so wenig wie dort noch an die Geister, 
die im winde daherfahren, allein man fühlt sich wie in alter Zeit 
von dem Elemente abhängig und sucht dieses daher wohlwollend zu 
stimmen. 
Dachte man sich im winde eine 5char Geister, so mußten diese 
auch ihren Nuheort haben, wo sie sich aufhielten, wenn draußen in der 
Natur sich die Luft nicht bewegte. In erster Linie galten als solche 
Zufluchtsstätten die Berge, hieraus erklärt sich die Verehrung, die 
in heidnischer Zeit die Berge genossen. Immer und immer wieder eifern 
die mittelalterlichen Konzilien gegen die Dpfer, die man auf Bergen und 
Hügeln brachte, und die Bußbücher setzen auf solchen Bergkult harte 
5trafe. Dieser Glaube, daß die Berge der Aufenthaltsort von 5eelen 
seien, hat sich gleichwohl durch die Jahrhunderte von Geschlecht zu Ge¬ 
schlecht fortgeerbt. Von vielen Bergen Deutschlands weiß man zu er¬ 
zählen, daß in ihnen Geister ihr Wesen treiben, die von Zeit zu Zeit 
das Gestein verlassen. Namentlich häufig findet sich der Mythus, daß 
diese Geister 5eelen von Kriegern seien, die nach dem Tode in der 
Lust ihr Handwerk fortsetzen. Zu diesem Kreis von Mythen gehört 
auch die Barbarossasage, die so recht zeigt, wie es der deutsche Volks¬ 
geist verstanden hat, einem fremden Stoffe deutschen Glauben und 
deutschen Geist einzuhauchen. Die Barbarossasage ist der Glaube und 
die lebendige Hoffnung auf die Weltbestimmung des deutschen Volkes in 
einer Zeit, in der es ohnmächtig im Nate der Völker saß. Nus dem 
romanischen Lüden war die Lage gekommen, daß einst ein mächtiger 
Fürst erscheinen und die Völker vor dem Auftreten des Antichristen durch 
Kampf zum Lieg führen werde. Zur Zeit der Hohenstaufen hatte man 
diese Lage mit Kaiser Friedrich II. zusammengebracht,- man wollte 
nicht glauben, daß er gestorben sei, man hoffte, er werde einst wieder¬ 
kommen und Deutschland von dem fremden Joch befreien. Und an 
diesem Glauben hielt das Volk in den Zeiten der Not mit staunens¬ 
werter Beharrlichkeit, mit jener Zähigkeit fest, die zu den charak¬ 
teristischen Eigenschaften des Deutschen gehört: es hatte dem Kaiser — 
und hierbei greift alter heimischer Glaube ein — einen Grt gegeben, 
wo er weilte. In den Kyfshäuser sollte er sich mit seinem Gefolge zurück¬ 
gezogen haben, und von hier aus sollte er aufbrechen, um sich an die 
Spitze der Leinen zu stellen. 
während aber in den Bergen hauptsächlich der Führer der Geister¬ 
scharen wohnt, Hausen diese selbst auf den Bergen, in den Wäldern, 
die diese krönen. Jeder Baum, der hier grünt, hat seine Leele, wie 
diese überhaupt allen Bäumen zugeschrieben wird. Lo lebendig hat
	        
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