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Es werden den Schaulustigen mancherlei Reiterknnststücke, Ringkämpfe und
Gladiatorenspiele vorgeführt. Lebhafte Zurufe begrüßen bte Kämpfenden
und feuern sie an; lautes Beifallklatschen belohnt die Sieger. Von dem
Söller an der Nordseite des Prütoriums sehen die Offiziere und ihre
Frauen herab, und während ihr Blick über das kleine Amphitheater und
über die bewaldeten Berge des Chattenlandes schweift, denkt der eine
oder andere, dem ein günstiges Geschick einen Aufenthalt in der unver¬
gleichlichen, weltbeherrschenden Roma vergönnt hatte, mit Wehmut an die
prächtigen, sinnenberückenden Schauspiele, die er unter italienischem Himmel
in dem riesenhaften Amphitheater der Flavier inmitten der verwöhnten
Bevölkerung der Hauptstadt einst genießen durfte.
Reichliches Essen und Trinken erhält die fröhliche Stimmung der
Mannschaften. Die edle Gabe des echten Bachus, der Saft der Reben,
ist selten im Kastell, dafür aber fehlt es nicht an dem bräunlichen Ge¬
tränke aus der Halmfrncht gebraut. Beim Becherklang wird das beliebte
Würfelspiel gespielt unb erregt mit seinem raschen Wechsel von Gewinn
und Verlust die Gemüter.
In der Villa lagern sich die Vornehmen auf Speisesofas um die
Tische und geben sich in dem schönen, von halbrunden Wänden an den
Schnmlseiten begrenzten Speisesaal mit allem Behagen den Freuden der
Tafel hin. Weiche Eier werden mit Löffeln gegessen. Drosseln, die mit
maschigen Netzen in der Einsenkung beim Kastelle gefangen worden sind,
dienen als Leckerbissen für den verwöhnten Gaumen des Südländers. Auf
süße Mehlspeisen folgt ein gut zubereiteter Rehrücken. Ein Stör, der den
Rhein herauf bis nach Mainz geschwommen war, wird auf einer großen
Schüssel zur Freude der Offiziere von einem Diener ans der nahen Küche
hereingetragen in den Saal. Selbst Austern haben vom Mittelmeer in
kleinen Füßchen ihren Weg bis zu den Kastellen im Taunus gefunden.
Mirabellen und Pflaumen, Nüsse und Aprikosen, die in den Gärten der
Mainebene gewachsen sind, machen den Schluß des Mahles, an das sich
ein lustiges Trinkgelage anschließt. Lange bleiben die Fröhlichen zusammen.
Beim Einbrüche der Dunkelheit werden Öllampen angezündet und Wachs¬
lichter auf Leuchter gesteckt. Der sauber bemalte Kalkbewurf der Wände
leuchtet im Schein der vielen Lichter, die Glasscheiben der hoch oben an
der Wand angebrachten Fenster werfen die Lichtstrahlen zurück, unb
Bärenfelle an den Türen verhindern das Eindringen der kalten Nachtlnft.
Am lautesten geht es in den Schenken zu beiden Seiten der Haupt¬
straße vor dem Kastell zu. Hier regt das Würfelspiel mit seinem raschen
Wechsel von Gewinn und Verlust die Zechenden an. Am Abend verbreiten
nicht Öllampen oder Wachskerzen Licht, sondern qualmende Fackeln, in
eisernen Haltern an der Wand befestigt, lassen beit Raum im Halbdunkel.
Die Unterhaltung wird in hartklingenden deutschen Lauten oder in ver¬
dorbenem Lateinisch geführt; vielfach schallen auch kräftige germanische