Full text: Vaterländisches Lesebuch für die obern Klassen in den Volksschulen Bayerns

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201. Hermann. 
Varus — der wußte, daß zwischen Segest und Armin * 
Feindschaft bestund, weil dieser Thusnelda, Segests Tochter, 
wider des Vaters Willen zur Gattin genommen hatte — 
glaubte dem Segest nicht. Nichts ahnend zog das Nömer- 
heer unter Varus ohne geregelte Ordnung, mit übergroßem 
Troß und Gepäck in einem langen und langsamen Zuge 
durch den furchtbaren Wald, worin erst Wege durch das 
verwilderte Dickicht gebahnt und Bäche überbrückt werden 
- mußten. Bald mehrte der Ausbruch eines anhaltenden t 
Regensturms die Beschwerden des Zuges so, daß Roß und i 
Mann auf dem schlüpfrigen Boden strauchelten und Er¬ 
schöpfung allgemein wurde. 
Unterdessen erscholl von Gau zu Gau der Aufruf zur 
Freiheit und riß selbst die Lauen mit sich fort. Selbst 
Segest mußte folgen, und auch sein Sohn Segimund, der 
nach dem Willen des Vaters die Priesterwürde bei den 
Römern bekleidete, hatte diese verlassen und war in die 
Heimat geeilt, um an dem ruhmvollen Kampfe mit teil¬ 
zunehmen. Langsam rückte das Heer der Römer vorwärts. 
Plötzlich brachen aus allen Seiten des Waldes die Deutschen 
hervor und griffen die Feinde mit Ungestüm an. 
Die Gefahr erkennend, sah Varus kein anderes Rettuugs- 
mittel, als sich nach dem Rhein zurückzuziehen. Unter schweren 
Kämpfen erreichte endlich sein Heer eine freie Stelle, wo 
der Angriff nachließ und das Lager zur Nachtruhe ge¬ 
schlagen werden konnte. 
Mit dem folgenden Morgen, nachdem Varus einen 
großen Teil des Gepäcks hatte verbrennen lassen, ging der 
Zug wieder weiter. Varus geriet an diesem Tage in den 
Teutoburgerwald. Hermann ordnete jetzt einen allgemeinen 
Ängriff auf die Römer an. Unter großen Verlusten erreichten 
diese am Abend wieder einen Platz, wo kaum einige Ruhe 
im halbbefestigten Lager die Ermüdeten erquickte. 
Am dritten Morgen wiederholte sich der Regensturm 
und Feindesangriff. Ganze Scharen von Römern fielen. 
Die vom Regen erschlafften Bogensehnen versagten den Dienst, 
und die schwere Bewaffnung wurde den Römern zur doppelten 
Last. Immer rauschender ertönte der furchtbare Schlacht¬ 
gesang der Deutschen; Sturm. Wind und Wetter vermehrten 
noch das Grausen der Römer. Vernichtung war das 
Losungswort der Deutschen. Überall war Hermann thätig, 
überall der erste, der angriff. Die Befehlshaber der Römer
	        
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