Full text: Vaterländisches Lesebuch für die obern Klassen in den Volksschulen Bayerns

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360 210. Wale oder Fischsäugetiere. 
mannt, und alle jagen nun so eilig als möglich den ruhig 
ihren Weg schwimmenden Walen entgegen. Die Angriffs¬ 
waffe, deren sich der Harpunier bedient, ist ein lanzenartig 
zugespitztes, scharfes, mit Widerhaken versehenes Eisen, welches 
an einer sehr langen und äußerst biegsamen Leine befestigt 
ist. Letztere liegt auf einer leicht drehbaren Walze im Vorder¬ 
teile des Botes sorgfältig aufgerollt. Beim Näherkommen 
rudert man langsam und vorsichtig auf den Walfisch zu, je 
näher, um so besser, und der Harpunier wirft nun mit voller 
Kraft das scharfe Eisen in den Niesenleib des Wales. In 
demselben Augenblicke schlagen alle Ruder in das Wasser, 
um das Boot aus der gefährlichen Nähe des verwundeten 
Ungeheuers zu entfernen. Gewöhnlich taucht der Wal sofort 
nach dem . Wurf blitzschnell in die Tiefe und rollt dabei die 
Leine so rasch ab, daß man Wasser auf die Nolle gießen 
muß, um die Entzündung derselben zu verhindern. Die große 
Schnelligkeit der ersten Schwimmbewegung hält jedoch nicht 
lange an. Der Wal schwimmt ruhiger, und seine furchtbaren 
Feinde sind jetzt im Stande, die Verfolgung wieder auf¬ 
zunehmen. Freilich kommt es auch vor, daß das Boot von 
dem fliehenden Tiere mit rasender Schnelligkeit stunden-, ja 
halbe Tage lang nachgeschleift wird. Nach einer Viertelstunde 
etwa erscheint der Verwundete wieder an der Oberfläche, um 
zu atmen. Das eine oder andere Boot nähert sich ihm zum 
zweitcnmale, und ein neuer Wurfspieß dringt in seinen Leib. 
„Die menschliche Einbildung", sagt ein Augenzeuge, „kann 
sich nichts Schrecklicheres vorstellen, als die Schlächterei, 
welche man hier sieht. Entsetzt stürzt sich der Walfisch von 
Woge zu Woge, springt im Todeskampfe aus dem Wasser 
heraus und bedeckt das Meer umher mit Blut und Schaum. 
Er taucht unter, indem er einen Wirbel auf seinem Pfade 
zurückläßt, er kommt empor, und die tödliche Lanze dringt 
in einen noch unberührten Lebensquell; wohin er sich auch 
kehrt, das kalte Eisen stachelt ihn zur Verzweiflung aus. 
Im vergeblichen Aufwand seiner Stärke macht er die See 
kochen wie in einem Topf, ein Zittern ergreift seinen unge¬ 
heuren Leib und schüttelt ihn, wie der erwachende Vulkan 
die Wand des Berges. Endlich hat er sich verblutet; er 
senkt sich auf die Seite und wird nun verächtlich von den 
Meereswogen umhergeschleudert, ein willkommenes Ziel für 
Tausende von Vögeln, welche augenblicklich herbeikommen, 
in der Absicht, von dem riesigen Aase zu speisen."
	        
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