96 
holt acht- bis neunmal Atem. Dabei stößt er bei kaltem Wetter 
einen Dampf aus, gleich dem Rauche eines Ofens. 
Und nun sage mir, wovon dieses gewaltige Tier lebt? Das 
wird wohl recht große Fische verschlingen? 0 nein. Denn es hat 
einen so engen Schlund, daß man kaum mit einer Faust durchfahren 
kann. Bedenke einmal, der ungeheure Walfisch lebt meist von Schleim¬ 
tierchen, die nur 3 cm lang sind. Diese Tiere verschlingt er in solcher 
Menge, daß man sie Walfischaas nennt. Außerdem frißt er auch 
Heringe und kleine Krebse. Jubitz. 
94. Der Walfischfang. 
Die Art und Weise, wie der kleine Mensch des riesigen Un¬ 
geheuers Herr wird, ist so staunenerregend, daß dir eine Beschreibung 
des Walfischfanges willkommen sein wird. 
Es ist Ende April. Der Walfischfänger zieht durch die graue 
Meeres wüste gegen Norden in die kalte Heimat des Königs der Meere. 
Lange hat das Schiff in den unwirtlichen Gewässern umhergesteuert; 
da wird von der Höhe des Mastes ein Wasserstrahl gemeldet, bald 
ein zweiter und dritter. Die Mannschaft jubelt; der Zug von Wal¬ 
fischen ist gefunden. Da gibt es kein langes Zaudern und Besinnen. 
Rasch werden die Boote hinabgelassen, das Schlachtfeld zu um¬ 
stellen. Unbemerkt sind die Matrosen einem dieser Ungetüme auf 
Wurfweite an den Leib gekommen. Da winkt der sorgfältig be¬ 
obachtende Steuermann dem Harpunier, und zischend fliegt das Eisen 
aus der Faust, nachsaust die Leine; ein roter Streif zieht kochend 
über die Oberfläche des Wassers; der Wal ist getroffen. Aber habt 
acht! Noch war es kein Kampf, sondern nichts als ein Angriff. 
Das erschreckte Tier bäumt sich auf, um im Nu mit rasender Ge¬ 
walt in den Abgrund zu stürzen. Es flieht; aber es geht für den 
Jäger nicht verloren ; denn die in seinen Leib geworfene Harpune ist 
an einem Seile befestigt, das auf einer Rolle im Boote aufgewickelt 
ist. Die sich abrollende Leine raucht und droht in Feuer aufzugehen, 
und obgleich der Wal bereits mehrere Hundert Meter mit.sich hinab¬ 
gerissen hat, hört das Rollen noch immer nicht auf. 
Endlich steht das Tau. Der Wal ist regungslos zu Grunde 
gesunken, und nun folgt eine willkommene Ruhepause. Denn 
während er sonst mindestens in je 2 Minuten einmal auftaucht, um 
zu atmen, bleibt er jetzt so lange als möglich in der Tiefe, freilich 
nur, um desto ermatteter emporzukommen. Mittlerweile schließen 
die von allen Seiten herbeieilenden Boote den Ring dicht über ihm 
zusammen und erwarten sein Aufsteigen. Das Tier kann nicht mehr 
entrinnen. Aller Augen sind auf die schwarze wallende Fläche ge¬ 
richtet, und die Eisenschleuderer stehen, die Waffe in der Hand, 
und suchen gierigen Blicks das Ziel ihrer Würfe. 
Eine lange Zeit ist vergangen; da regt sich das Tau, und 
die Wasser spalten sich, als wolle der Grund des Meeres selber
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.