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so können ans diesem Wege die Schiffer aus der Oder in die Elbe ge¬ 
langen. Hinter Fürstenwalde fließt die Spree durch ein großes Wald¬ 
revier, bildet unweit der Stadt Köpenick den Müggelsee und erreicht 
bald Berlin. Zahlreiche Kähne, welche der Stadt Waren zuführen, be¬ 
leben hier den Fluß. An Charlottenburg vorüber geht sie endlich bei 
der Festung Spandau in die Havel. Nach H. A. Daniel. 
82. Der Imker. 
Im Norden unseres Vaterlandes dehnt sich die Heide mit 
ihrem dünnen Grase und mit ihren einsamen, farblosen Blumen, 
und schwerfällig und heiß streicht der Soramerwind darüber. Selbst 
der Schmetterling hebt dort langsamer die Flügel; er hat Zeit, wie 
alles um ihn her. Das Leben der Natur scheint im Traume zu 
liegen. Mühsam schleppt sich der Wanderer von Hügel zu Hügel; 
er sucht Leben und findet keins. 
Doch siehe da! Plötzlich entfaltet sich ein Bild des Lebens. 
An einem Hügel, der sich im Halbkreis vor dir ausdehnt und mit 
niedrigem Tannengestrüpp bewachsen ist, siehst du auf kleinen Er¬ 
höhungen von Erde und Rasen hundert und aber hundert Bienen¬ 
stöcke, und das Völkchen, das sie bewohnt, ist in voller Tätigkeit. 
Das ist ein Schwärmen, Fliegen und Summen, ein Arbeiten ohne 
Rast und Ruh, ein Gehen und Kommen, ein Ausweichen und 
Fördern, ein Helfen und Abnehmen, daß man versteht, was Arbeit 
ist und Gemeinsinn, und wie der Herr der Natur auch dem Bienlein 
etwas von dem ewigen Worte zugeflüstert hat: „Wirket, solange es 
Tag ist! Es kommt die Nacht, da niemand wirken kann.“ 
Wie aber unser Wirken vom Auge über den Sternen geleitet 
wird und dann recht geht, wenn wir uns von seinem Blicke lenken 
lassen, so sind auch die Tausende von emsigen Tierlein in den Stroh¬ 
stöcken dort am Hügel nur scheinbar sich selbst überlassen; zwei 
Menschenaugen überwachen sie von früh bis spät und ruhen mit 
Sorge und Liebe auf ihnen. Denn siehe! Dort, an die verkrüppelte 
Tanne gelehnt, steht eine Hütte, aus Strauchwerk und Rasen ge¬ 
baut; ihr Dach springt weit vor und bedeckt ein Bänklein zur Seite 
der niedrigen Tür der Hütte. Dort sitzt, an die Wand der Hütte 
gelehnt, ein alter Mann mit grauem Barte und verwettertem Ange¬ 
sichte und raucht aus einem kurzen, hölzernen Pfeifchen. Das ist 
der Imker, der Bienenvater seines Dorfes und vielleicht mehrerer 
Heidedörfer. Er weiß nicht zu pflügen und zu säen; er kennt 
Fischerei und Vogelstellen nur dem Namen nach: er kennt nur eine 
Kunst, nämlich die Bienenstöcke zu flechten, und hat nur eine 
Liebe zu einem einzigen kleinen Geschöpfe, das ist die Biene. Es 
hat ihm diese Liebe niemand gelehrt: er hat sie mitbekommen von 
der Natur. Der Biene ist er nachgegangen als Kind schon; von 
Bienen hat er geträumt; Bienen hat er auf der Hand umherge¬ 
tragen, soweit er denken kann, und hat sie gefangen und liebkost,
	        
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