fullscreen: Deutsches Lesebuch mit Bildern für Volksschulen

278 
vom Land aufs Wasser und vom Wasser wieder aufs Land und immer weiter. 
Aber endlich, wenn er ein Pfeiftein Tabak einfüllt und will daran denken, wie 
lang er schon von den Seinigen weg ist, und wie weit er noch zu reisen hat 
ans Ende der Erde und wieder zurück, auf einmal wird's ihm heimlich in 
5 seinem Gemüt, es wird nach und nach alles, wie es daheim war, er hört 
seine Landessprache wieder sprechen, zuletzt erblickt er von weitem einen Kirch¬ 
turm, den er auch schon gesehen hat, und wenn er auf ihn hingeht, kommt 
er in ein wohlbekanntes Dorf und hat nur noch zwei Stunden oder drei, 
so ist er wieder daheim und hat das Ende der Erde nie gesehen. Nämlich 
10 er reist um die Erde, wie man einen Strich mit Kreide um eine Kugel herum- » 
zieht, und kommt zuletzt wieder auf den alten Fleck, von dem er ausging. 
Es sind schon mehr als zwanzig solcher Reisen um die Erde nach ver¬ 
schiedenen Richtungen gemacht worden. In zwei bis vier Jahren, je nachdem, 
ist alles geschehen. Ist nicht der englische Seekapitän Cook in einem Leben 
15 zweimal um die ganze Erde herumgereist und von der andern Seite her 
wieder heimgekommen? Aber das dritte Mal haben ihn die Wilden auf der 
Insel Owai tot geschlagen und gegessen. 
Daraus und aus mehreren sicheren Anzeichen erkennen die Gelehrten 
folgendes: Die Erde ist nicht bloß eine ausgebreitete, rund abgeschnittene Fläche, 
20 nein, sie ist eine ungeheure große Kugel. Weiter, sie hängt und schwebt frei 
und ohne Unterstützung, wie seines Orts die Sonne und der Mond in dem 
unermeßlichen Raum des Weltalls, unten und oben zwischen lauter himm¬ 
lischen Sternen. Weiter, sie ist rings um und um, wo sie Land hat, und 
wo die Hitze oder der bittere Frost es erlaubt, mit Pflanzen ohne Zahl besetzt, ‘ 
25 und von Tieren und vernünftigen Menschen belebt. Man mich nicht glauben, 
daß auf diese Art eiu Teil der Geschöpfe mit dem Kopf abwärts hänge und 
in Gefahr stehe, von der Erde weg und in die Luft hinab zu fallen. Dies 
ist lächerlich. Überall werden die Körper durch ihre Schwere an die Erde 
angezogen und können ihr nicht entlaufen. Überall nennt man unten, was 
30 man unter den Füßen hat, und oben, was über dem Haupte hinaus ist, 
niemand merkt oder kann sagen, daß er unten sei. Alle sind oben, so 
lange sie die Erde unter den Füßen und den Himmel voll Licht oder Sterne 
über dem Haupte haben. 
Aber der geneigte Leser wird nicht wenig erstaunen, wenn er's zum 
35 ersten Male hören sollte, wie groß diese Kugel sei; denn der Durchmesser der 
Erde beträgt in gerader Linie von einem Punkt der Oberfläche durch das 
Centrum hindurch zum andern Punkt, eintausend siebenhundert und zwanzig 
deutsche Meilen. Der Umkreis der Kugel aber beträgt fünftausend vierhundert 
deutsche Meilen. Ihre Oberfläche beträgt über neun Millionen Meilen ins 
40 Gevierte, und davon sind zwei Dritteil Wasser und ein Dritteil Land. Ihre 
ganze Masse aber beträgt mehr als zweitausend sechshundert und zweiund¬ 
sechzig Millionen Meilen im Klaftermaß. Das haben die Gelehrten mit großer 
Genauigkeit ausgemessen und ausgerechnet und sprechen davon wie von einer 
gemeinen Sache. Aber niemand kann die göttliche Allmacht begreifen, die 
45 diese ungeheure große Kugel schwebend in der unsichtbaren Hand trügt und 
jedem Pflänzlein daraus seinen Tau und sein Gedeihen giebt und dem Kind¬ 
lein, das geboren wird, einen lebendigen Odem tu die Nase. Man rechnet,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.