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es bei ihm zu gucken giebt. Immer besser hören wir seine Stimme.
Bald müssen wir in seiner Nähe sein. Still, dort sitzt der wunder-
liche Rufer! Es ist ein grauer Vogel, etwa so gross wie eine Taube-
Brust und Bauch sind weilslich und mit dunkeln Querstreifen geziert.
b Seine Füsse sind goldgelb. Sehr viel Ähnlichkeit hat er in Farbe
und Grösse mit dem Sperber. Daher haben manche Leute ihn im
Verdachte, er sei ein Zauberer und könne sich verwandeln; im
Sommer sei er ein Kuckuck, im Winter aber ein Raubvogel.
2. Kaum bemerkt er uns, so fliegt er fort und lässt von einer
10 andern Stelle des Waldes seine Stimme erschallen. Wollten wir
ihm folgen, so würde er uns bald bis tief in den Wald hineinlocken,
so dass wir nur mit Mühe den Heimweg finden könnten. „Guek,
guckl würde er uns zurufen, „guek, dals du den Heimweg nicht
verfehlstl“ Der ganze Wald ist sein Haus, jeder Baum isst sein
15 Zimmer, jeder Strauch sein Kämmerchen; aber weder MNietsleute
noch Gäste mag er in seinem Eigentume dulden. Hört er den Ruf
eines andern, und wenn es sein Vater oder Bruder wäre, so ruft
er erbost: „Guck, guck! Siehst du nicht, dals ich hier Herr bin?
Schnell aus meinem Gebietel“ Will jener aber nicht fliehen, so giebt
20 es einen hitzigen Kampf, dass die Federn umberfliegen. Der
sSchwächste muss weichen und sich ein anderes Wäldehen als Woh-
nung suchen. Doch seine Unverträglichkeit und sein Jahzorn bringen
ihm auch oft den Tod; denn die Jäger ahmen seinen Ruf täuschend
nach. Dann vergisst er seine sonstige Scheu und Vorsicht und kommt
25 eilis herbei, um den fremden Gast aus seinem Hause zu treiben.
Aber bald hängt er in den künstlichen Schlingen oder fällt durch
den Schuls des Jãgers.
Den ganzen Tag zieht er umher, um sein tägliches Brot zu er-
werben. Im schnellen Fluge schnappt er die Raupen von den Kräu—
30 tern und befreit die Bäàume von ihren Feinden. Er frilst zur Strafe
alle, dio ihm sein grünes Haus verderben: Raupen und Kãfer,
Schmetterlinge und Fliegen; sogar die grossen haarigen Bãrenraupen,
die kein anderer Vogel anrührt, sind für ihn Leckerbissen. Sein
Hunger ist so gross, dass die Insekten in seinem Gebiete kaum aus-
35 reichen, ihn zu sättigen. Wie könnte er da einen Nachbar neben
sich dulden, der die Mahlzeit mit ihm teilen wollte!
3. Mo aber ist das Nest des Kuckucks? Du wirst vergeblich
danach suchen; denn er baut kein Nest. Das Kuckucksweibehen
legt seine Eier in das Nest eines Rotkehlchens, einèr Grasmücke
10 oder eines andern Vogels, dessen Nahrung für sein eigenes Junges
taugt, und lässt sie von diesen ausbrüten, ohne sich weiter darum
zu kümmern. Gar emsig tragen diese kleinen Vögel das Futter für
den nimmersatten Gast herbei, versorgen ihn sogar noch, wenn er