Full text: Deutsches Lesebuch mit Bildern für evangelische Volksschulen

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373. Was der Wind mit sieh bringt. 
1. Der Wind ist ein guter Hausvater; er bringt den Seinen immer 
otwas aus den Ländern, die er durchreist hat. Die Geschenke sind 
freilich sehr verschieden, je nach den Lãndern, von denen er zu uns 
kommt. Kommt er aus Norden zu uns, so hat er im vördlichen 
Eismeer eine längere Bekanntschaft mit den Eisbären gemacht; das 
ist eine kalte Gesellschaft, und er hat sich dabei eine gute Menge 
Kũlte eingesteckt. Damit fährt eêr über Schweden und Norwegen 
und kann da von seinem Mitgebrachten wenig absetzen; sie selber 
10 haben Kälte genug und könnten ihm noch abgeben. So kommt er 
zu uns und schüttet über uns seine kalte Gabe aus. Die Lalte Luft, 
die er mitbringt, ist natürlich auch dicht und schwer und macht ihr 
Giewicht in der steigenden Quecksilbersãule des Barometers bemerklich. 
2. Kommt der Wind aus Nordosten und Osten zu uns, so hat 
15 er seine Reise über Sibirien und Nordrulsland gemacht. Da ist 
die Kälte viel wohblfeiler als die Wärme, und er bringt uns genug 
kalte und schwere Luft mit. Zugleich ging dort fast seine ganze 
Reise zu Lande; nirgends ein Meer, aus dem er sich einmal satt 
trinken konnte; er kommt daher durstig und trocken zu uns. Hängen 
20 etwa von früher her noch einige Wolken am Himmel, so saugt er 
sie schnell auf, dass der ganze Himmel klar und heiler wircd; denn 
die trockene Luft kann eine grolse Menge Wasser in sich aufnehmen. 
Dabei verwandelt sich das Wasser in Dunst oder in Wassergas und 
schwebt unsichtbar in der Luft. Hat die Hausfrau nasse Wãsche 
25 auf die Leine gehängt, so macht sich der Ostwind schnell darũber 
und saugt alle Nässe ein, dass die Wäsche im Umsehen trocken isn. 
Sso löscht er nicht bloss seinen Durst, sondern verdient sich auch 
noch einen schönen Dank, wenn er nieht zu ungebärdig und unge— 
stüm ist und die Wasche hin und her wirkt. 
3. Sehen wir nun, was der Wind uns aus Süden mitbringt. Wir 
wissen, dass dieser Wind in den heilsen Himmelsstrichen reichlich 
mit Wärme ausgestattet worden ist. Der Südwind reist z2um Teil 
durch das heisse Afrika, kommt über lItalien und die Türkeinnn uns 
und ist ein Labsal für die frostigen Naturen; denn er bringt viel 
85 Wärme mit. Er hat aber seine Reise auch über das Meer gemacht 
und sich daher mit Wasser versehen, das er in Gasform als Wasser⸗ 
dunst mit sich führt. Bei uns kühlt sich das Wassergas ab und 
wird zu sichtbaren Wolken; geht die Abkühlung weiter, so fällt es 
als Regen oder im Winter als Schnee herunter. 
4. Noch mebhr leistet darin der Ssũdwestwind, der ja recht eigent⸗ 
lich aus der Tropengegend kommt. Er weht über den Atlantischen 
Ozean, über Spanien und Frankreieh zu uns und bringt reichlich 
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