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in aller Welt gleich, wie es geht.
Wie Habakuk sagt, der Prophet:
Frevel und Gewalt geht vor Recht.
Der Gottlose übervorteilt schlecht
5 mit Schalkheit den Gerechten und
Frommen;
auch kann kein Recht zu End mehr kommen:
Des steht es übel an allen Enden
in obern und in niedern Ständen.
10 Dem siehst du zu und schweigest still,
als kümmre dich die Sach nicht viel
und geh dich eben gar nichts an.
Könntest doch allem Übel widerstehn,
nähmst recht in die Händ die Herr—
schaft dein.
O, sollt ich ein Jahr Herrgott sein
und sollt Gewalt haben wie du,
ich wollt anders schauen dazu,
führen ein viel besser Regiment
20 auf dem Erdreich durch alle Ständ';
ich wollt steuern mit meiner Hand
Wucher, Betrug, Krieg, Raub und Brand,
ich wollt aufrichten ein ruhig Leben.“
Der Herr sprach: „Petrus, sage mir eben,
25 meinst, du wollst je besser regieren,
all Ding auf Erden baß ordinieren,
die Frommen schützen, die Bösen plagen?“
Sankt Peter thät hinwieder sagen:
„Ja, es müßt in der Welt baß stehn,
nicht also durch einander gehn;
ich wollt viel besser Ordnung halten.“
Der Herr sprach: „Nun, so magst du
verwalten,
Petrus, die hohe Herrschaft mein:
Heut den Tag sollst du Herrgott sein!
Schaff und gebeut alles, was du willt,
sei hart, streng, gütig oder mild,
gieb aus den Fluch oder den Segen,
gieb schön Wetter, Wind oder Regen;
du magst strafen oder belohnen,
plagen, schützen oder verschonen:
In Summa, mein ganz Regiment
sei heut den Tag in deinen Händl“
Damit der Herr dann seinen Stab
dem Petrus in die Hände gab;
Petrus war des gar wohlgemut,
deucht sich der Herrlichkeit sehr gut.
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2. Indem kam her ein armes Weib,
ganz dürr, mager und bleich von Leib,
barfuß in einem zerriss'nen Kleid,
die trieb ihre Geiß hin auf die Weid.
Da sie mit ihr auf die Wegscheid kam,
sprach sie: „Geh hin in Gottes Nam'!
Gott hüt und schütz dich immerdar,
daß dir kein Übel widerfahr
von Wölfen oder Ungewitter;
denn ich kann wahrlich ja nicht mit dir;
ich muß arbeiten um Tagelohn,
heut ich sonst nichts zu essen hab
daheim mit meinen kleinen Kindern.
Nun geh hin, wo du Weid thust finden;
Gott der behüt dich mit seiner Hand!“
Mit dem die Frau sich wiederum wandt'
ins Dorf; so ging die Geiß ihr Straß.
3. Der Herr zu Petrus sagte das:
„Petrus, hast das Gebet der Armen
gehört? Du mußt dich ihrer erbarmen,
weil ja den Tag bist Herrgott du,
so stehet dir auch billig zu,
daß du die Geiß nimmst in dein Hut,
was sie von Herzen bitten thut,
und behüt sie den ganzen Tag,
daß sie sich nicht verirr im Hag,
nicht fall, noch mög gestohlen werden,
noch sie zerreißen Wölf und Bären,
daß auf den Abend wiederum
die Geiß unbeschädigt heim komm
der armen Frauen in ihr Haus;
geh hin und richt die Sach wohl aus!“
4. Petrus nahm nach des Herren Wort
die Geiß in sein Hut an dem Ort
und trieb sie an die Weid hindann.
Da fing Sankt Peters Unruh an.
Die Geiß war mutig, jung und frech,
und blieb drum gar nicht in der Näh,
lief auf der Weide hin und wieder,
stieg einen Berg auf, den andern nieder
und schlüpft hin und her durch die
Stauden.
Petrus mit Achzen, Blasen, Schnauben
mußt immer nachtrollen der Geiß,
und schien die Sonn gar überheiß;
der Schweiß ihm übern Leib abrann.
Mit Unruh verbracht' der alte Mann