Seide und Seidenspinner.
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dem winzigen Räãupchen, das dem Ei entlloh, wvird nach sechs
bis sieben Vochen eine Raupe, so lang wie ein kleiner Finger.
Diese hat nun aus dem Saste der Maulbeerblätter, die sie
verzehrte, in ihrem Rörper viel Vorratsstoli gesammelt, unter
anderm auch eine Menge Spinnsast. HAus diesem Spinnsalte
lormt sie einen leinen hellen Faden, helstet den an einem
Zweiglein des Baumes an und wickelt ihn um sich herum.
Sie beginnt jetzt einen vunderlichen Tanz. Nach allen Seiten
dreht sie sich im Rreise und zieht leine Fäden, ganz ähnlich
einem Rnäuel, den sich ein Kind aus Zwirn oder Garn wickelt,
nur mit dem Unterschiede, daß das Rind bei seinem Rnäuel
innen anfängt und nach auhen wickelt, die Raupe aber die
aäußeren Fäden zuerst spinnt und dann die inneren. So dreht
sie sich sieben bis acht Tage lang und macht aus dem Faden,
ohne einmal abzureißen, einen länglich runden Ball von halber
Fingerlãänge und weißgelber Farbe. Einen Rokon pllegt man
solch Gespinsst zu nennen. Die äubere Schicht dieses Kokons
besteht aus vielen zusammengewirkten und verknüpften
Fäden; aber dicht darunter läßt sich ein leiner Faden ab-
wickeln, der so lang ist, daß ein Rind fast süntf Minuten von
einem Ende bis zum andern lausen muß; 280 Meter mißht er.
Ganz innen läßt die Raupe einen leeren Raum, ein
Rämmerchen. Hier liegt sie nach vollbrachtem VNerke müde
uncl matt und zieht zum letzten Male den Arbeitsrock aus. Der
sechzehn Beine bedart sie jetzt nicht mehr; sie hat nicht mehr
zu laulen; sie sstreist sie mit dem Rocke ab. Die Augen haben
nichts mehr zu sehen; denn im Rämmerlein ist's linster; sie
legt sie ab. Die beiden Zähne, die so manches Blatt verspeist,
haben jetzt nichts mehr zu beißen und zu speisen; sie werden
beiseite gelegt. So liegen Haut und Haare, Augen, Füße und
Zähne auf einem Häuschen, wie der Arbeitsmann am heier-
abende das Handwerkszeug und seine schmutzigen Rleider
ablegt. Die Raupe scheint gestorben.
Und doch, gerade da jeder glaubt, sie schlale oder sei gar
tot, gerade jetzt ist sie sehr leibig und bringt das Schönste
hervor, was sie überhaupt hervorzubringen vermag. Es