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„Bauer, Ihr zahlt dem Wirte die drei Louisdor!" entscheidet der
gestrenge Herr Amtmann; und will der Bauer nicht noch ins Loch,
so muß er wirklich zahlen. „Nun, ich danke, Herr Amtmann," sagt
der Wirt; „haben Sie nun auch die Güte, von dem Gelde dem Bauer
zwei Taler zurückzugeben und das übrige dem armen Franzosen wieder
zuzustellen; für die Zehrung verlange ich nichts." So geschah es.
Weil man aber nicht alle Tage für drei Louisdor Käse ißt, so
ward von der Geschichte noch viel gesprochen. Und so kam sie auch
zu den Ohren des benachbarten Försters, der bald herausbrachte, daß
der Bauer das Holz gestohlen hatte. Da hatte der doppelte Schelm
noch einige doppelte Louisdors nötig, um seinen Frevel zu büßen.
Veith.
39. Der weiße Spatz.
Es war ein Bauer, bei dem ging's den Krebsgang von Jahr zu
Jahr mehr. Sein Vieh fiel Stück für Stück, und seine Äcker trugen
nicht die Hälfte von dem ein, was sie tragen mußten; die Ellenbogen
fingen bereits an, durch das Wams zu sehen, während der Steuer¬
pfänder und Pfandverkäufer fast wöchentlich zum Fenster hinein¬
sah und höflich grüßend zu ihm sprach: „Es tut mir leid, Herr Rück¬
wärts, Euch belästigen zu müssen, aber ich muß meine Schuldig¬
keit tun."
Ihre Schuldigkeit mit Bitten und Raten und Helfen hatten auch
bereits die Hausfreunde getan, aber einer nach dem andern war mit
der Erklärung daheim geblieben: „Dem Rückwärts ist nicht mehr zu
helfen." Da war aber einer, der hatte das Herz auf dem rechten
Flecke. Wie der mit dem Rückwärts einmal hinter dem Glase saß,
so brachte er wie durch Zufall die Rede auf die Spatzen, erzählte
von diesem Gevögel dies und das, wie gar erstaunlich sie sich mehr¬
ten, wie sie schlau und gefräßig wären. Der Rückwärts nickte dazu
und meinte, seine Weizenäcker trügen seit lange nicht mehr so gut,
zweifelsohne wäre der Spatzenfraß daran schuld. Der Hausfreund
ließ es dahingestellt und fuhr fort: „Aber, Nachbar, habt Ihr denn
schon einen weißen Spatz gesehen?"