Der Große Kurfürst.
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d. 's)., für vogelfrei erklärt. Jedermann durste ihn ungestraft töten,
niemand durfte ihn bei sich behalten, speisen, tränken und geleiten.
Heimatlos sollte er umherirren. Aber der Herr schlitzte ihn durch den
Kurfürsten von Sachsen. Die Reformation ging fröhlich weiter. — Erst
im Jahre 1546, nachdem die evangelische Kirche sich befestigt hatte, rief
der Herr den treuen Streiter, der nun alt, lebenssatt und müde war,
zu seiner Ruhe. Luther war nach Eis leben gereist. Dort wurde er sehr-
krank. Er sprach: „In Eisleben bin ich geboren; ich achte, daß ich auch
daselbst sterben werde." Und so geschah es. Er befahl seinen Geist
in Gottes Hände, und im Glauben an seinen Erlöser entschlief er sanft
und ruhig, so daß es die Umstehenden gar nicht merkten. Mch MatiM»«.
132. Der Große Kurfürst.
1. Der Kurfürst Friedrich Wilhelm war ein Jüngling von
zwanzig Jahren, als ihn Gott 1640 zur Regierung der branden-
bnrgisch-preußischen Lande berief. Das Volk sehnte sich nach Rettung
aus schrecklicher Not. Es waren dazumal gar schlimme Zeiten in Deutsch¬
land. Über zwanzig Jahre wütete schon der Krieg zwischen Katholiken
und Evangelischen, welcher nachmals der Dreißigjährige genannt worden
ist; und noch war sein Ende nicht abzusehen.
2. Die Kaiserlichen, besonders
die wilden Scharen Wallensteins,
hatten entsetzliche Frevelthaten ver¬
übt. Lebendigen Menschen schnit¬
ten sie Riemen aus der Haut;
arme Unglückliche haben sie an den
Fußsohlen geschunden und dann in
glühende Kohlen getrieben. Vor
den Augen weinender Mütter zer¬
schmetterten sie die Schädel unschul¬
diger Kindlein am harten Mauer¬
werk. Die Schweden machten es
nicht besser. Sie waren zwar nach
Deutschland gekommen, den Evan¬
gelischen zu helfen. Aber sie ver- Der Grosse Kurfürst.
gaßen das bald, und fast übertrafen sie die Kaiserlichen an wilder Wut.
Vor ihnen hatten auch die Toten in den Gräbern keine Ruhe. Sie
rissen die Grabgewölbe auf und plünderten die Leichname.
3. Wie grauenhaft sah es besonders auch in dem Lande des jungen
Kurfürsten aus! Wer die Mark durchzog, dem kamen die Thränen in