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257. Der Große Kurfürst als Landesvater.
* Bock und Andrä.
Friedrich Wilhelm kam während des schrecklichen Dreißigjähri⸗
gen Krieges auf den Thron. Fremde Kriegsheere hatten sein Land
derwüstet Wo vor wenigen Jahren noch Dörfer gestanden hatten,
da war jetzt nur Schutt, und Gras wuchs auf den Trümmern.
Wenn der Frühling ins Land kam, kehrten die Störche und Schwal—
ben wohl wieder zurück, aber das Haus, wo sie lange gewohnt
hatten, fanden sie nicht. Im Sommer wurden die Bäume wohl
grün, aber kein Saatfeld erfreute des Menschen Auge und Herz.
Es fehlte an Händen, die Felder zu bebauen. Der Krieg hatte die
Menschen zu Tausenden hingerafft; Hungersnot und Pest hatten
vollendet, was das Schwert angefangen hatte.
Friedrich Wilhelm suchte auf alle Weise seinem verwüsteten
Lande aufzuhelfen. Den Landleuten, die Wüsteneien kauften, um
sie urbar zu machen, erließ er eine Zeitlang die Steuern. Ver—
armten Bauern gab er Saatkorn oder Pferde. Er ließ auch fleißige
Ansiedler aus Holland und der Schweiz in die verödeten Gegenden
kommen. Jeder Bauer mußte neben seinem Hause einen Garten
anlegen. Die Kartoffeln wurden angepflanzt. Holländer führten die
Tabakpflanze ein. Auch für Gewerbe und Handel war der Große
Kurfürst sehr tätig. Er legte Straßen und Kanäle an und führte
die Post ein. Städte und Dörfer wurden wieder aufgebaut und ver—
größert. Die Jugend wurde fleißig zur Schule angehalten. Kirchen
Und Schulen wurden gebaut. Um das Land gegen künftige An⸗
griffe zu schützen, bildete Friedrich Wilhelm ein tüchtiges Kriegs—
heer. So sorgte der Große Kurfürst wie ein wahrer Landesvater.
258. Zwei Sagen.
1. Der Stallmeister Froben.
In der Schlacht bei Fehrbellin ritt der Große Kurfürst einen
Schimmel. Sein Stallmeister Froben bemerkte, daß die Schweden
besonders nach diesem Pferde schossen. Daher sprach er zu seinem
Herrn: „Herr Kurfürst, Euer Schimmel ist scheu geworden; gebt
suir den Schimmel und besteigt meinen Braunen!“ Kaum aber
waren die Pferde gewechselt, da wurde der treue Diener von einer
feindlichen Kugel getroffen. Sterbend sagte er: „Gott beschütze den
Kurfürsten! Ich sterbe gern für ihn.“
2 Der Feldmarschall Derfflinger
Der tapferste General des Kurfürsten war der Feldmarschall
Derfflinger. Er soll sich durch seine Tüchtigkeit von einem Schneider—