Full text: Lesebuch für die Mittel- und Oberstufe (Teil 2, [Schülerband])

Im Sommer. 
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106. Der Fluß. 
Oben auf dem Berge ist die Quelle, daraus strömt der Fluß 
brausend und schäumend hervor und eilt hinunter in das Thal. 
Unterwegs begegnet ihm das Bächlein und ruft: „Nimm mich mit, 
Bruder!“ Und er öffnet ihm sein Bett und sagt: „Komm her, 
Brüderchen, fließe an meiner Seite!“ 
Und das Wasser des Flusses und das Wasser des Bächleins fließen 
nun friedlich zusammen zwischen den blumigen Ufern. Die Fische 
schwimmen darin, und die kleinen Fische spielen auf der Oberfläche. 
Da kommen die Fischer mit ihrem Nachen, den sie mit ihren lindern 
treiben, und iverfen ein Netz aus und fangen die Fische und die 
Fischlein. Die kleinen lassen sie wieder ins Wasser; die großen 
aber tragen sie nach Hause, ivo sie in der Pfanne gebraten werden. 
Nun kommt der Fluß an die Stadt mit den hohen Türmen, den 
schönen Häusern und den vielen Menschen; die haben eine Brücke 
über ihn gebaut und gehen herüber und hinüber, und er muß 
ruhig darunter hinfließen. Dann aber kommt er cm die schönen Felder 
und die grünen Wiesen und guckt hinein und möchte gern darin 
umhergehen. Da schmilzt der Schnee, und der Regen fällt vom 
Himmel, und die Gewässer des Flusses steigen, bis sie über den 
Damm hinausströmen, der sie zurückhalten sollte. Sie dringen in 
die Felder und Wiesen, und die ganze Ebene ivird ein See. Doch 
es dauert nicht lange, da kehrt der Fluß in sein Bett zurück und 
fließt ivieder ruhig zwischen den Ufern weiter und immer weiter. 
Da kommen die Schiffe mit ihren Mastbäumen und mit ihren 
bunten Fähnchen, die im Winde flattern, und mit den weißen Segeln, 
die der Wind aufbläst. Auf den Schiffen befinden sich Männer 
mit faltigen Hosen und bunten Jacken; die klettern an den Seilen 
hinauf und spannen die Segel; es sind Matrosen. Die Matrosen 
sehen in das spiegelhelle Wasser, grüßen den Fluß freundlich 
und fragen: „Willst du uns ins Meer tragen?“ Der Fluß 
spricht: „Ja, kommt mit mir, ich trage euch edle!“ Und er trägt 
die Schiffe auf seinem Rücken, und der Wind treibt sie bei Tag 
und Nacht. Und bedd sind sie am Ende. Sie sehen ein iveites 
Gewässer vor sich, größer als zwanzig Flüsse; so weit man sehen kann, 
ist Wasser, — das ist das Meer. Das kommt ihnen mit gewaltigen 
Wellen entgegen und brauset, daß sie sich fürchten. Allein der Fluß 
ruft: „Hier bring ich dir das Bächlein, das mit mir reisen w'ollte, und 
die Schiffe, die ich auf meinem Rücken getragen habe. Nimm du sie 
nur auf, liebes Meer, ich bin müde und will mich ausruhen.“ m^GLmtmcw.
	        
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